als alle Wahrheit und Wirklichkeit gewusst. Diese Erfüllung ist auf diese Weise ihrer Gestalt, er als Wesen seinem Bewusstseyn nicht gleich. Er ist erst als absoluter Geist wirklich, indem er, wie er in der Gewissheit seiner selbst, sich auch in seiner Wahr- heit ist, oder die Extreme, in die er sich als Be- wusstseyn theilt, in Geistsgestalt für einander sind. Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand sei- nes Bewusstseyns annimmt, bleibt von der Gewiss- heit des Geistes, als von der Substanz erfüllt; durch diesen Inhalt verschwindet diss, dass der Gegenstand zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Nega- tivität des Selbstbewusstseyns herabsänke. Die un- mittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die Grundlage oder reines Bewusstseyn, innerhalb dessen das Bewusstseyn auseinander tritt. Auf diese Weise in sein reines Selbstbewusstseyn eingeschlossen, exis- tirt er in der Religion nicht als der Schöpfer einer Natur überhaupt; sondern was er in dieser Bewe- gung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister, die zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Wer- den seiner vollkommnen Wirklichkeit durch die einzelnen Seiten derselben, oder seine unvollkomm- nen Wirklichkeiten.
Die erste Wirklichkeit desselben ist der Begriff der Religion selbst, oder sie als unmittelbare und also natürliche Religion; in ihr weiss der Geist sich als seinen Gegenstand in natürlicher oder unmittelbarer
als alle Wahrheit und Wirklichkeit gewuſst. Dieſe Erfüllung ist auf diese Weise ihrer Geſtalt, er als Wesen seinem Bewuſstſeyn nicht gleich. Er ist erst als absoluter Geist wirklich, indem er, wie er in der Gewiſsheit ſeiner ſelbſt, sich auch in seiner Wahr- heit ist, oder die Extreme, in die er sich als Be- wuſstſeyn theilt, in Geistsgestalt für einander sind. Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand sei- nes Bewuſstseyns annimmt, bleibt von der Gewiſs- heit des Geistes, als von der Substanz erfüllt; durch diesen Inhalt verschwindet diſs, daſs der Gegenſtand zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Nega- tivität des Selbstbewuſstseyns herabsänke. Die un- mittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die Grundlage oder reines Bewuſstſeyn, innerhalb deſſen das Bewuſstſeyn auseinander tritt. Auf diese Weiſe in sein reines Selbstbewuſstseyn eingeschloſſen, exis- tirt er in der Religion nicht als der Schöpfer einer Natur überhaupt; sondern was er in dieser Bewe- gung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister, die zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Wer- den seiner vollkommnen Wirklichkeit durch die einzelnen Seiten derselben, oder seine unvollkomm- nen Wirklichkeiten.
Die erste Wirklichkeit deſſelben ist der Begriff der Religion selbst, oder sie als unmittelbare und also natürliche Religion; in ihr weiſs der Geist sich als seinen Gegenstand in natürlicher oder unmittelbarer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0744"n="635"/>
als alle Wahrheit und Wirklichkeit gewuſst. Dieſe<lb/><hirendition="#i">Erfüllung</hi> ist auf diese Weise ihrer <hirendition="#i">Geſtalt</hi>, er als<lb/>
Wesen seinem Bewuſstſeyn nicht gleich. Er ist erst<lb/>
als absoluter Geist wirklich, indem er, wie er in<lb/>
der <hirendition="#i">Gewiſsheit ſeiner ſelbſt</hi>, sich auch in seiner <hirendition="#i">Wahr-<lb/>
heit</hi> ist, oder die Extreme, in die er sich als Be-<lb/>
wuſstſeyn theilt, in Geistsgestalt für einander sind.<lb/>
Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand sei-<lb/>
nes Bewuſstseyns annimmt, bleibt von der Gewiſs-<lb/>
heit des Geistes, als von der Substanz erfüllt; durch<lb/>
diesen Inhalt verschwindet diſs, daſs der Gegenſtand<lb/>
zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Nega-<lb/>
t<hirendition="#i">i</hi>vität des Selbstbewuſstseyns herabsänke. Die un-<lb/>
mittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die<lb/>
Grundlage oder reines Bewuſstſeyn, <hirendition="#i">innerhalb</hi> deſſen<lb/>
das Bewuſstſeyn auseinander tritt. Auf diese Weiſe<lb/>
in sein reines Selbstbewuſstseyn eingeschloſſen, exis-<lb/>
tirt er in der Religion nicht als der Schöpfer einer<lb/><hirendition="#i">Natur</hi> überhaupt; sondern was er in dieser Bewe-<lb/>
gung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister,<lb/>
die zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung<lb/>
ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Wer-<lb/>
den seiner vollkommnen Wirklichkeit durch die<lb/>
einzelnen Seiten derselben, oder seine unvollkomm-<lb/>
nen Wirklichkeiten.</p><lb/><p>Die erste Wirklichkeit deſſelben ist der Begriff<lb/>
der Religion selbst, oder sie als <hirendition="#i">unmittelbare</hi> und also<lb/><hirendition="#i">natürliche Religion</hi>; in ihr weiſs der Geist sich als<lb/>
seinen Gegenstand in natürlicher oder unmittelbarer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[635/0744]
als alle Wahrheit und Wirklichkeit gewuſst. Dieſe
Erfüllung ist auf diese Weise ihrer Geſtalt, er als
Wesen seinem Bewuſstſeyn nicht gleich. Er ist erst
als absoluter Geist wirklich, indem er, wie er in
der Gewiſsheit ſeiner ſelbſt, sich auch in seiner Wahr-
heit ist, oder die Extreme, in die er sich als Be-
wuſstſeyn theilt, in Geistsgestalt für einander sind.
Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand sei-
nes Bewuſstseyns annimmt, bleibt von der Gewiſs-
heit des Geistes, als von der Substanz erfüllt; durch
diesen Inhalt verschwindet diſs, daſs der Gegenſtand
zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Nega-
tivität des Selbstbewuſstseyns herabsänke. Die un-
mittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die
Grundlage oder reines Bewuſstſeyn, innerhalb deſſen
das Bewuſstſeyn auseinander tritt. Auf diese Weiſe
in sein reines Selbstbewuſstseyn eingeschloſſen, exis-
tirt er in der Religion nicht als der Schöpfer einer
Natur überhaupt; sondern was er in dieser Bewe-
gung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister,
die zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung
ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Wer-
den seiner vollkommnen Wirklichkeit durch die
einzelnen Seiten derselben, oder seine unvollkomm-
nen Wirklichkeiten.
Die erste Wirklichkeit deſſelben ist der Begriff
der Religion selbst, oder sie als unmittelbare und also
natürliche Religion; in ihr weiſs der Geist sich als
seinen Gegenstand in natürlicher oder unmittelbarer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/744>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.