Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite
b.
Die Pflanze und das Thier.

Der selbstbewusste Geist, der aus dem gestaltlosen
Wesen in sich gegangen, oder seine Unmittelbarkeit
zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine Ein-
fachheit als eine Mannichfaltigkeit des Fürsichseyns,
und ist die Religion der geistigen Wahrnehmung, wo-
rin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräfti-
gerer, reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Die-
ser Pantheismus, zunächst das ruhige Bestehen dieser
Geisteratomen, wird zur feindseligen Bewegung in sich
selbst. Die Unschuld der Blumenreligion, die nur selbst-
lose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des
kämpfenden Lebens, in die Schuld der Thierreligion,
die Ruhe und Ohnmacht der anschauenden Individua-
lität in das zerstörende Fürsichseyn über. -- Es hilft
nichts, den Dingen der Wahrnehmung den Tod der
Abstraction
genommen, und sie zu Wesen geistiger
Wahrnehmung erhoben zu haben; die Beseelung die-
ses Geisterreichs hat ihn durch die Bestimmtheit und
die Negativität an ihr, die über die unschuldige Gleich-
gültigkeit derselben übergreifft. Durch sie wird die
Zerstrenung in die Mannichfaltigkeit der ruhigen
Pflanzen Gestalten eine feindselige Bewegung, worin
sie der Hass ihres Fürsichseyns aufreibt. -- Das
wirkliche Selbstbewusstseyn dieses zerstreuten Geistes

S s 2
b.
Die Pflanze und das Thier.

Der selbstbewuſste Geist, der aus dem gestaltlosen
Wesen in sich gegangen, oder seine Unmittelbarkeit
zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine Ein-
fachheit als eine Mannichfaltigkeit des Fürsichseyns,
und ist die Religion der geistigen Wahrnehmung, wo-
rin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräfti-
gerer, reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Die-
ser Pantheismus, zunächst das ruhige Bestehen dieser
Geisteratomen, wird zur feindseligen Bewegung in sich
selbst. Die Unschuld der Blumenreligion, die nur selbst-
lose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des
kämpfenden Lebens, in die Schuld der Thierreligion,
die Ruhe und Ohnmacht der anschauenden Individua-
lität in das zerstörende Fürsichseyn über. — Es hilft
nichts, den Dingen der Wahrnehmung den Tod der
Abſtraction
genommen, und sie zu Wesen geistiger
Wahrnehmung erhoben zu haben; die Beseelung die-
ses Geisterreichs hat ihn durch die Bestimmtheit und
die Negativität an ihr, die über die unschuldige Gleich-
gültigkeit derselben übergreifft. Durch sie wird die
Zerstrenung in die Mannichfaltigkeit der ruhigen
Pflanzen Gestalten eine feindselige Bewegung, worin
sie der Haſs ihres Fürsichseyns aufreibt. — Das
wirkliche Selbſtbewuſstseyn dieses zerstreuten Geistes

S s 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0752" n="643"/>
            <div n="4">
              <head>b.<lb/><hi rendition="#g">Die Pflanze und das Thier</hi>.</head><lb/>
              <p>Der selbstbewu&#x017F;ste Geist, der aus dem gestaltlosen<lb/>
Wesen in sich gegangen, oder seine Unmittelbarkeit<lb/>
zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine Ein-<lb/>
fachheit als eine Mannichfaltigkeit des Fürsichseyns,<lb/>
und ist die Religion der geistigen <hi rendition="#i">Wahrnehmung</hi>, wo-<lb/>
rin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräfti-<lb/>
gerer, reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Die-<lb/>
ser Pantheismus, zunächst das <hi rendition="#i">ruhige</hi> Bestehen dieser<lb/>
Geisteratomen, wird zur <hi rendition="#i">feindseligen</hi> Bewegung in sich<lb/>
selbst. Die Unschuld der <hi rendition="#i">Blumenreligion</hi>, die nur selbst-<lb/>
lose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des<lb/>
kämpfenden Lebens, in die Schuld der <hi rendition="#i">Thierreligion</hi>,<lb/>
die Ruhe und Ohnmacht der anschauenden Individua-<lb/>
lität in das zerstörende Fürsichseyn über. &#x2014; Es hilft<lb/>
nichts, den Dingen der Wahrnehmung den <hi rendition="#i">Tod der<lb/>
Ab&#x017F;traction</hi> genommen, und sie zu Wesen geistiger<lb/>
Wahrnehmung erhoben zu haben; die Beseelung die-<lb/>
ses Geisterreichs hat ihn durch die Bestimmtheit und<lb/>
die Negativität an ihr, die über die unschuldige Gleich-<lb/>
gültigkeit derselben übergreifft. Durch sie wird die<lb/>
Zerstrenung in die Mannichfaltigkeit der ruhigen<lb/>
Pflanzen Gestalten eine feindselige Bewegung, worin<lb/>
sie der Ha&#x017F;s ihres Fürsichseyns aufreibt. &#x2014; Das<lb/><hi rendition="#i">wirkliche</hi> Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn dieses zerstreuten Geistes<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S s 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[643/0752] b. Die Pflanze und das Thier. Der selbstbewuſste Geist, der aus dem gestaltlosen Wesen in sich gegangen, oder seine Unmittelbarkeit zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine Ein- fachheit als eine Mannichfaltigkeit des Fürsichseyns, und ist die Religion der geistigen Wahrnehmung, wo- rin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräfti- gerer, reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Die- ser Pantheismus, zunächst das ruhige Bestehen dieser Geisteratomen, wird zur feindseligen Bewegung in sich selbst. Die Unschuld der Blumenreligion, die nur selbst- lose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des kämpfenden Lebens, in die Schuld der Thierreligion, die Ruhe und Ohnmacht der anschauenden Individua- lität in das zerstörende Fürsichseyn über. — Es hilft nichts, den Dingen der Wahrnehmung den Tod der Abſtraction genommen, und sie zu Wesen geistiger Wahrnehmung erhoben zu haben; die Beseelung die- ses Geisterreichs hat ihn durch die Bestimmtheit und die Negativität an ihr, die über die unschuldige Gleich- gültigkeit derselben übergreifft. Durch sie wird die Zerstrenung in die Mannichfaltigkeit der ruhigen Pflanzen Gestalten eine feindselige Bewegung, worin sie der Haſs ihres Fürsichseyns aufreibt. — Das wirkliche Selbſtbewuſstseyn dieses zerstreuten Geistes S s 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/752
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/752>, abgerufen am 22.11.2024.