Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

dung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist
gibt, und hiedurch das an ihm selbst belebte Kunst-
werk hervorzubringen.

Die erste Weise, in welcher der künstlerische
Geist seine Gestalt und sein thätiges Bewusstseyn am
weitesten voneinander entfernt, ist die unmittelbare,
dass jene als Ding überhaupt da ist. -- Sie zerfällt an
ihr in den Unterschied der Einzelnheit, welche die
Gestalt des Selbsts an ihr hat, -- und der Allgemein-
heit, welche das unorganische Wesen in Bezug auf die
Gestalt, als seine Umgebung und Behausung, darstellt.
Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den
reinen Begriff, ihre reine dem Geiste angehörige
Form. Sie ist weder der verständige Krystall, der
das todte behausst, oder von der äusserlichen Seele be-
schienen wird, -- noch die aus der Pflanze erst her-
vorgehende Vermischung der Formen der Natur und
des Gedankens, dessen Thätigkeit hierin noch ein
Nachahmen ist. Sondern der Begriff streifft das ab,
was von der Wurzel, dem Geäste und Geblätter den
Formen noch anklebt, und reinigt sie zu Gebilden,
worin das Geradlinigte und Ebne des Krystalls in in-
commensurable Verhältnisse erhoben ist, so dass die
Beseelung des Organischen in die abstracte Form des
Verstandes aufgenommen und zugleich ihr Wesen,
die Incommensurabilität für den Verstand erhalten
wird.

Der innwohnende Gott aber ist der aus dem Thier-
gehäuse hervorgezogne schwarze Stein, der mit dem

dung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist
gibt, und hiedurch das an ihm selbst belebte Kunst-
werk hervorzubringen.

Die erste Weiſe, in welcher der künstlerische
Geist seine Gestalt und sein thätiges Bewuſstſeyn am
weitesten voneinander entfernt, ist die unmittelbare,
daſs jene als Ding überhaupt da ist. — Sie zerfällt an
ihr in den Unterschied der Einzelnheit, welche die
Gestalt des Selbsts an ihr hat, — und der Allgemein-
heit, welche das unorganische Wesen in Bezug auf die
Gestalt, als seine Umgebung und Behausung, darstellt.
Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den
reinen Begriff, ihre reine dem Geiste angehörige
Form. Sie ist weder der verständige Krystall, der
das todte behauſst, oder von der äuſſerlichen Seele be-
schienen wird, — noch die aus der Pflanze erst her-
vorgehende Vermischung der Formen der Natur und
des Gedankens, deſſen Thätigkeit hierin noch ein
Nachahmen ist. Sondern der Begriff streifft das ab,
was von der Wurzel, dem Geäſte und Geblätter den
Formen noch anklebt, und reinigt sie zu Gebilden,
worin das Geradlinigte und Ebne des Krystalls in in-
commensurable Verhältniſſe erhoben ist, so daſs die
Beseelung des Organischen in die abstracte Form des
Verstandes aufgenommen und zugleich ihr Wesen,
die Incommensurabilität für den Verstand erhalten
wird.

Der innwohnende Gott aber ist der aus dem Thier-
gehäuse hervorgezogne schwarze Stein, der mit dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0765" n="656"/>
dung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist<lb/>
gibt, und hiedurch das an ihm selbst belebte Kunst-<lb/>
werk hervorzubringen.</p><lb/>
              <p>Die erste Wei&#x017F;e, in welcher der künstlerische<lb/>
Geist seine Gestalt und sein thätiges Bewu&#x017F;st&#x017F;eyn am<lb/>
weitesten voneinander entfernt, ist die unmittelbare,<lb/>
da&#x017F;s jene als <hi rendition="#i">Ding</hi> überhaupt <hi rendition="#i">da ist</hi>. &#x2014; Sie zerfällt an<lb/>
ihr in den Unterschied der Einzelnheit, welche die<lb/>
Gestalt des Selbsts an ihr hat, &#x2014; und der Allgemein-<lb/>
heit, welche das unorganische Wesen in Bezug auf die<lb/>
Gestalt, als seine Umgebung und Behausung, darstellt.<lb/>
Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den<lb/>
reinen Begriff, ihre reine dem Geiste angehörige<lb/>
Form. Sie ist weder der verständige Krystall, der<lb/>
das todte behau&#x017F;st, oder von der äu&#x017F;&#x017F;erlichen Seele be-<lb/>
schienen wird, &#x2014; noch die aus der Pflanze erst her-<lb/>
vorgehende Vermischung der Formen der Natur und<lb/>
des Gedankens, de&#x017F;&#x017F;en Thätigkeit hierin noch ein<lb/><hi rendition="#i">Nachahmen</hi> ist. Sondern der Begriff streifft das ab,<lb/>
was von der Wurzel, dem Geä&#x017F;te und Geblätter den<lb/>
Formen noch anklebt, und reinigt sie zu Gebilden,<lb/>
worin das Geradlinigte und Ebne des Krystalls in in-<lb/>
commensurable Verhältni&#x017F;&#x017F;e erhoben ist, so da&#x017F;s die<lb/>
Beseelung des Organischen in die abstracte Form des<lb/>
Verstandes aufgenommen und zugleich ihr Wesen,<lb/>
die Incommensurabilität für den Verstand erhalten<lb/>
wird.</p><lb/>
              <p>Der innwohnende Gott aber ist der aus dem Thier-<lb/>
gehäuse hervorgezogne schwarze Stein, der mit dem<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[656/0765] dung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist gibt, und hiedurch das an ihm selbst belebte Kunst- werk hervorzubringen. Die erste Weiſe, in welcher der künstlerische Geist seine Gestalt und sein thätiges Bewuſstſeyn am weitesten voneinander entfernt, ist die unmittelbare, daſs jene als Ding überhaupt da ist. — Sie zerfällt an ihr in den Unterschied der Einzelnheit, welche die Gestalt des Selbsts an ihr hat, — und der Allgemein- heit, welche das unorganische Wesen in Bezug auf die Gestalt, als seine Umgebung und Behausung, darstellt. Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den reinen Begriff, ihre reine dem Geiste angehörige Form. Sie ist weder der verständige Krystall, der das todte behauſst, oder von der äuſſerlichen Seele be- schienen wird, — noch die aus der Pflanze erst her- vorgehende Vermischung der Formen der Natur und des Gedankens, deſſen Thätigkeit hierin noch ein Nachahmen ist. Sondern der Begriff streifft das ab, was von der Wurzel, dem Geäſte und Geblätter den Formen noch anklebt, und reinigt sie zu Gebilden, worin das Geradlinigte und Ebne des Krystalls in in- commensurable Verhältniſſe erhoben ist, so daſs die Beseelung des Organischen in die abstracte Form des Verstandes aufgenommen und zugleich ihr Wesen, die Incommensurabilität für den Verstand erhalten wird. Der innwohnende Gott aber ist der aus dem Thier- gehäuse hervorgezogne schwarze Stein, der mit dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/765
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/765>, abgerufen am 22.11.2024.