Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

dern, ist eines gleich todter Verstand, als das
andere, und gleich äusserliches Erkennen.

Das Vortreffliche kann aber dem Schick-
sale nicht nur nicht entgehen, so entlebt, und
entgeistet zu werden, und so geschunden seine
Haut vom leblosen Wissen und dessen Eitelkeit
umgenommen zu sehen. Vielmehr ist noch in
diesem Schicksale selbst die Gewalt, welche es
auf die Gemüther, wenn nicht auf Geister, aus-
übt, zu erkennen, so wie die Herausbildung
zur Allgemeinheit und Bestimmtheit der Form,
in der seine Vollendung besteht, und die es
allein möglich macht, dass diese Allgemeinheit
zur Oberflächlichkeit gebraucht wird.

Die Wissenschafft darf sich nur durch das
eigne Leben des Begriffs organisiren; in ihr ist
die Bestimmtheit, welche aus dem Schema äus-
serlich dem Daseyn aufgeklebt wird, die sich
selbst bewegende Seele des erfüllten Inhalts.
Die Bewegung des Seyenden ist, sich eines-
theils ein Anders und so zu seinem immanen-
ten Inhalte zu werden; anderntheils nimmt es
diese Entfaltung oder diss sein Daseyn in sich
zurück, das heisst, macht sich selbst zu einem
Momente und vereinfacht sich zur Bestimmtheit.
In jener Bewegung ist die Negativität das Un-
terscheiden und das Setzen des Daseyns; in

die-

dern, iſt eines gleich todter Verſtand, als das
andere, und gleich äuſſerliches Erkennen.

Das Vortreffliche kann aber dem Schick-
ſale nicht nur nicht entgehen, ſo entlebt, und
entgeiſtet zu werden, und ſo geſchunden ſeine
Haut vom lebloſen Wiſſen und deſſen Eitelkeit
umgenommen zu ſehen. Vielmehr iſt noch in
dieſem Schickſale ſelbſt die Gewalt, welche es
auf die Gemüther, wenn nicht auf Geiſter, aus-
übt, zu erkennen, ſo wie die Herausbildung
zur Allgemeinheit und Beſtimmtheit der Form,
in der ſeine Vollendung beſteht, und die es
allein möglich macht, daſs dieſe Allgemeinheit
zur Oberflächlichkeit gebraucht wird.

Die Wiſſenſchafft darf ſich nur durch das
eigne Leben des Begriffs organiſiren; in ihr iſt
die Beſtimmtheit, welche aus dem Schema äuſ-
ſerlich dem Daſeyn aufgeklebt wird, die ſich
ſelbſt bewegende Seele des erfüllten Inhalts.
Die Bewegung des Seyenden iſt, ſich eines-
theils ein Anders und ſo zu ſeinem immanen-
ten Inhalte zu werden; anderntheils nimmt es
dieſe Entfaltung oder diſs ſein Daſeyn in ſich
zurück, das heiſst, macht ſich ſelbſt zu einem
Momente und vereinfacht ſich zur Beſtimmtheit.
In jener Bewegung iſt die Negativität das Un-
terſcheiden und das Setzen des Daſeyns; in

die-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="LXIV"/>
dern, i&#x017F;t eines gleich todter Ver&#x017F;tand, als das<lb/>
andere, und gleich äu&#x017F;&#x017F;erliches Erkennen.</p><lb/>
        <p>Das Vortreffliche kann aber dem Schick-<lb/>
&#x017F;ale nicht nur nicht entgehen, &#x017F;o entlebt, und<lb/>
entgei&#x017F;tet zu werden, und &#x017F;o ge&#x017F;chunden &#x017F;eine<lb/>
Haut vom leblo&#x017F;en Wi&#x017F;&#x017F;en und de&#x017F;&#x017F;en Eitelkeit<lb/>
umgenommen zu &#x017F;ehen. Vielmehr i&#x017F;t noch in<lb/>
die&#x017F;em Schick&#x017F;ale &#x017F;elb&#x017F;t die Gewalt, welche es<lb/>
auf die Gemüther, wenn nicht auf Gei&#x017F;ter, aus-<lb/>
übt, zu erkennen, &#x017F;o wie die Herausbildung<lb/>
zur Allgemeinheit und Be&#x017F;timmtheit der Form,<lb/>
in der &#x017F;eine Vollendung be&#x017F;teht, und die es<lb/>
allein möglich macht, da&#x017F;s die&#x017F;e Allgemeinheit<lb/>
zur Oberflächlichkeit gebraucht wird.</p><lb/>
        <p>Die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft darf &#x017F;ich nur durch das<lb/>
eigne Leben des Begriffs organi&#x017F;iren; in ihr i&#x017F;t<lb/>
die Be&#x017F;timmtheit, welche aus dem Schema äu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erlich dem Da&#x017F;eyn aufgeklebt wird, die &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t bewegende Seele des erfüllten Inhalts.<lb/>
Die Bewegung des Seyenden i&#x017F;t, &#x017F;ich eines-<lb/>
theils ein Anders und &#x017F;o zu &#x017F;einem immanen-<lb/>
ten Inhalte zu werden; anderntheils nimmt es<lb/>
die&#x017F;e Entfaltung oder di&#x017F;s &#x017F;ein Da&#x017F;eyn in &#x017F;ich<lb/>
zurück, das hei&#x017F;st, macht &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu einem<lb/><hi rendition="#i">Momente</hi> und vereinfacht &#x017F;ich zur Be&#x017F;timmtheit.<lb/>
In jener Bewegung i&#x017F;t die <hi rendition="#i">Negativität</hi> das Un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden und das Setzen des <hi rendition="#i">Da&#x017F;eyns;</hi> in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[LXIV/0079] dern, iſt eines gleich todter Verſtand, als das andere, und gleich äuſſerliches Erkennen. Das Vortreffliche kann aber dem Schick- ſale nicht nur nicht entgehen, ſo entlebt, und entgeiſtet zu werden, und ſo geſchunden ſeine Haut vom lebloſen Wiſſen und deſſen Eitelkeit umgenommen zu ſehen. Vielmehr iſt noch in dieſem Schickſale ſelbſt die Gewalt, welche es auf die Gemüther, wenn nicht auf Geiſter, aus- übt, zu erkennen, ſo wie die Herausbildung zur Allgemeinheit und Beſtimmtheit der Form, in der ſeine Vollendung beſteht, und die es allein möglich macht, daſs dieſe Allgemeinheit zur Oberflächlichkeit gebraucht wird. Die Wiſſenſchafft darf ſich nur durch das eigne Leben des Begriffs organiſiren; in ihr iſt die Beſtimmtheit, welche aus dem Schema äuſ- ſerlich dem Daſeyn aufgeklebt wird, die ſich ſelbſt bewegende Seele des erfüllten Inhalts. Die Bewegung des Seyenden iſt, ſich eines- theils ein Anders und ſo zu ſeinem immanen- ten Inhalte zu werden; anderntheils nimmt es dieſe Entfaltung oder diſs ſein Daſeyn in ſich zurück, das heiſst, macht ſich ſelbſt zu einem Momente und vereinfacht ſich zur Beſtimmtheit. In jener Bewegung iſt die Negativität das Un- terſcheiden und das Setzen des Daſeyns; in die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/79
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/79>, abgerufen am 21.11.2024.