Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Diese Vereinigung aber ist an sich schon gesche-
hen, zwar auch in der Religion, in der Rückkehr der
Vorstellung in das Selbstbewusstseyn, aber nicht nach
der eigentlichen Form, denn die religiöse Seite ist die
Seite des Ansich, welche der Bewegung des Selbstbe-
wusstseyns gegenübersteht. Die Vereinigung gehört
daher dieser andern Seite an, die im Gegensatze die
Seite der Reflexion in sich, also diejenige ist, die sich
selbst und ihr Gegentheil, und nicht nur an sich oder
auf eine allgemeine Weise, sondern für sich oder ent-
wickelt und unterschieden enthält. Der Inhalt, so wie
die andre Seite des selbstbewussten Geistes, insofern
sie die andre Seite ist, ist in ihrer Vollständigkeit vor-
handen und aufgezeigt worden; die Vereinigung, wel-
che noch fehlt, ist die einfache Einheit des Begriffs.
Dieser ist an der Seite des Selbstbewusstseyns selbst
auch schon vorhanden; aber wie er im Vorhergehen-
den vorgekommen, hat er, wie alle übrigen Momen-
te die Form, eine besondere Gestalt des Bewusstseyns zu
seyn. -- Er ist also derjenige Theil der Gestalt des sei-
ner selbst gewissen Geistes, der in seinem Begriffe ste-
hen bleibt, und die schöne Seele genannt wurde. Sie
ist nemlich sein Wissen von sich selbst, in seiner rei-
nen durchsichtigen Einheit, -- das Selbstbewusstseyn,
das dieses reine Wissen von dem reinen Insichseyn, als
den Geist weiss, -- nicht nur die Anschauung des
Göttlichen, sondern die Selbstanschauung desselben.
-- Indem dieser Begriff sich seiner Realisirung ent-
gegengesetzt festhält, ist er die einseitige Gestalt, de-

Diese Vereinigung aber iſt an ſich schon gesche-
hen, zwar auch in der Religion, in der Rückkehr der
Vorſtellung in das Selbstbewuſstseyn, aber nicht nach
der eigentlichen Form, denn die religiöse Seite iſt die
Seite des Anſich, welche der Bewegung des Selbſtbe-
wuſstseyns gegenüberſteht. Die Vereinigung gehört
daher dieser andern Seite an, die im Gegensatze die
Seite der Reflexion in sich, also diejenige iſt, die sich
selbſt und ihr Gegentheil, und nicht nur an ſich oder
auf eine allgemeine Weise, sondern für ſich oder ent-
wickelt und unterschieden enthält. Der Inhalt, so wie
die andre Seite des ſelbſtbewuſsten Geiſtes, insofern
ſie die andre Seite iſt, iſt in ihrer Vollſtändigkeit vor-
handen und aufgezeigt worden; die Vereinigung, wel-
che noch fehlt, iſt die einfache Einheit des Begriffs.
Dieser iſt an der Seite des Selbſtbewuſstseyns selbſt
auch schon vorhanden; aber wie er im Vorhergehen-
den vorgekommen, hat er, wie alle übrigen Momen-
te die Form, eine besondere Geſtalt des Bewuſstseyns zu
seyn. — Er iſt also derjenige Theil der Geſtalt des sei-
ner selbſt gewiſſen Geiſtes, der in seinem Begriffe ſte-
hen bleibt, und die schöne Seele genannt wurde. Sie
iſt nemlich sein Wiſſen von sich selbſt, in seiner rei-
nen durchſichtigen Einheit, — das Selbſtbewuſstseyn,
das dieses reine Wiſſen von dem reinen Inſichſeyn, als
den Geiſt weiſs, — nicht nur die Anschauung des
Göttlichen, sondern die Selbſtanschauung deſſelben.
— Indem dieser Begriff sich seiner Realisirung ent-
gegengesetzt feſthält, iſt er die einseitige Geſtalt, de-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0858" n="749"/>
          <p>Diese Vereinigung aber i&#x017F;t <hi rendition="#i">an &#x017F;ich</hi> schon gesche-<lb/>
hen, zwar auch in der Religion, in der Rückkehr der<lb/>
Vor&#x017F;tellung in das Selbstbewu&#x017F;stseyn, aber nicht nach<lb/>
der eigentlichen Form, denn die religiöse Seite i&#x017F;t die<lb/>
Seite des <hi rendition="#i">An&#x017F;ich</hi>, welche der Bewegung des Selb&#x017F;tbe-<lb/>
wu&#x017F;stseyns gegenüber&#x017F;teht. Die Vereinigung gehört<lb/>
daher dieser andern Seite an, die im Gegensatze die<lb/>
Seite der Reflexion in sich, also diejenige i&#x017F;t, die sich<lb/>
selb&#x017F;t und ihr Gegentheil, und nicht nur <hi rendition="#i">an &#x017F;ich</hi> oder<lb/>
auf eine allgemeine Weise, sondern <hi rendition="#i">für &#x017F;ich</hi> oder ent-<lb/>
wickelt und unterschieden enthält. Der Inhalt, so wie<lb/>
die andre Seite des &#x017F;elb&#x017F;tbewu&#x017F;sten Gei&#x017F;tes, insofern<lb/>
&#x017F;ie die <hi rendition="#i">andre</hi> Seite i&#x017F;t, i&#x017F;t in ihrer Voll&#x017F;tändigkeit vor-<lb/>
handen und aufgezeigt worden; die Vereinigung, wel-<lb/>
che noch fehlt, i&#x017F;t die einfache Einheit des Begriffs.<lb/>
Dieser i&#x017F;t an der Seite des Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyns selb&#x017F;t<lb/>
auch schon vorhanden; aber wie er im Vorhergehen-<lb/>
den vorgekommen, hat er, wie alle übrigen Momen-<lb/>
te die Form, eine <hi rendition="#i">besondere Ge&#x017F;talt</hi> des <hi rendition="#i">Bewu&#x017F;stseyns</hi> zu<lb/>
seyn. &#x2014; Er i&#x017F;t also derjenige Theil der Ge&#x017F;talt des sei-<lb/>
ner selb&#x017F;t gewi&#x017F;&#x017F;en Gei&#x017F;tes, der in seinem Begriffe &#x017F;te-<lb/>
hen bleibt, und die <hi rendition="#i">schöne Seele</hi> genannt wurde. Sie<lb/>
i&#x017F;t nemlich sein Wi&#x017F;&#x017F;en von sich selb&#x017F;t, in seiner rei-<lb/>
nen durch&#x017F;ichtigen Einheit, &#x2014; das Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn,<lb/>
das dieses reine Wi&#x017F;&#x017F;en von dem <hi rendition="#i">reinen In&#x017F;ich&#x017F;eyn</hi>, als<lb/>
den Gei&#x017F;t wei&#x017F;s, &#x2014; nicht nur die Anschauung des<lb/>
Göttlichen, sondern die Selb&#x017F;tanschauung de&#x017F;&#x017F;elben.<lb/>
&#x2014; Indem dieser Begriff sich seiner Realisirung ent-<lb/>
gegengesetzt fe&#x017F;thält, i&#x017F;t er die einseitige Ge&#x017F;talt, de-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[749/0858] Diese Vereinigung aber iſt an ſich schon gesche- hen, zwar auch in der Religion, in der Rückkehr der Vorſtellung in das Selbstbewuſstseyn, aber nicht nach der eigentlichen Form, denn die religiöse Seite iſt die Seite des Anſich, welche der Bewegung des Selbſtbe- wuſstseyns gegenüberſteht. Die Vereinigung gehört daher dieser andern Seite an, die im Gegensatze die Seite der Reflexion in sich, also diejenige iſt, die sich selbſt und ihr Gegentheil, und nicht nur an ſich oder auf eine allgemeine Weise, sondern für ſich oder ent- wickelt und unterschieden enthält. Der Inhalt, so wie die andre Seite des ſelbſtbewuſsten Geiſtes, insofern ſie die andre Seite iſt, iſt in ihrer Vollſtändigkeit vor- handen und aufgezeigt worden; die Vereinigung, wel- che noch fehlt, iſt die einfache Einheit des Begriffs. Dieser iſt an der Seite des Selbſtbewuſstseyns selbſt auch schon vorhanden; aber wie er im Vorhergehen- den vorgekommen, hat er, wie alle übrigen Momen- te die Form, eine besondere Geſtalt des Bewuſstseyns zu seyn. — Er iſt also derjenige Theil der Geſtalt des sei- ner selbſt gewiſſen Geiſtes, der in seinem Begriffe ſte- hen bleibt, und die schöne Seele genannt wurde. Sie iſt nemlich sein Wiſſen von sich selbſt, in seiner rei- nen durchſichtigen Einheit, — das Selbſtbewuſstseyn, das dieses reine Wiſſen von dem reinen Inſichſeyn, als den Geiſt weiſs, — nicht nur die Anschauung des Göttlichen, sondern die Selbſtanschauung deſſelben. — Indem dieser Begriff sich seiner Realisirung ent- gegengesetzt feſthält, iſt er die einseitige Geſtalt, de-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/858
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/858>, abgerufen am 23.11.2024.