Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.Discours von den Rom. nen Dieben zum Fenster einschieben/damit er ihnen Thür und Thor auf- spehre. Er ist eine Schlang/ deren ge- nug ist/ daß sie den Kopf allererst durch ein Loch schmiegen kan/ der übrige Leib dringt sich dann schon durch. Da ist denn schon recht/ daß ab gröberen Lasteren ein Mißfallen bezeugt wird. Hieron.| Tom. I. Epist. de vit. Susp. contub.Libidinosa mens, ardentius in- honesta persequitur, &, quod non licet, dulcius suspicatur. Ein schlimmes Gemüth laßt sich die ver- bottne Ding/ vil süß-und angenehmer vorkommen. Nitimur in vetitum, & in faetidum &c. verbottne/ schlim- me Ding sind uns allzeit die ange- nehmste. Und denn gibet die Schein- heiligkeit selbst/ die man in Bestraf- fung der Laster gebraucht/ den Sa- chen eine Farb/ daß mancher nicht ge- wahret/ mit wie vil Ohnbefugsamkeit er über den Romanen sizet. Das Gifft bringet man am leichtesten bey/ so man es vor ein Cordial außgibet. CXLVII. Mir hat ohnlängst daß
Diſcours von den Rom. nen Dieben zum Fenſter einſchieben/damit er ihnen Thuͤr und Thor auf- ſpehre. Er iſt eine Schlang/ deren ge- nug iſt/ daß ſie den Kopf allererſt durch ein Loch ſchmiegen kan/ der uͤbrige Leib dringt ſich dann ſchon durch. Da iſt denn ſchon recht/ daß ab groͤberen Laſteren ein Mißfallen bezeugt wird. Hieron.| Tom. I. Epiſt. de vit. Suſp. contub.Libidinoſa mens, ardentius in- honeſta perſequitur, &, quod non licet, dulcius ſuſpicatur. Ein ſchlimmes Gemuͤth laßt ſich die ver- bottne Ding/ vil ſuͤß-und angenehmer vorkommen. Nitimur in vetitum, & in fætidum &c. verbottne/ ſchlim- me Ding ſind uns allzeit die ange- nehmſte. Und denn gibet die Schein- heiligkeit ſelbſt/ die man in Beſtraf- fung der Laſter gebraucht/ den Sa- chen eine Farb/ daß mancher nicht ge- wahret/ mit wie vil Ohnbefugſamkeit er uͤber den Romanen ſizet. Das Gifft bringet man am leichteſten bey/ ſo man es vor ein Cordial außgibet. CXLVII. Mir hat ohnlaͤngſt daß
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Diſcours von den Rom.
nen Dieben zum Fenſter einſchieben/
damit er ihnen Thuͤr und Thor auf-
ſpehre. Er iſt eine Schlang/ deren ge-
nug iſt/ daß ſie den Kopf allererſt durch
ein Loch ſchmiegen kan/ der uͤbrige
Leib dringt ſich dann ſchon durch. Da
iſt denn ſchon recht/ daß ab groͤberen
Laſteren ein Mißfallen bezeugt wird.
Libidinoſa mens, ardentius in-
honeſta perſequitur, &, quod
non licet, dulcius ſuſpicatur. Ein
ſchlimmes Gemuͤth laßt ſich die ver-
bottne Ding/ vil ſuͤß-und angenehmer
vorkommen. Nitimur in vetitum,
& in fætidum &c. verbottne/ ſchlim-
me Ding ſind uns allzeit die ange-
nehmſte. Und denn gibet die Schein-
heiligkeit ſelbſt/ die man in Beſtraf-
fung der Laſter gebraucht/ den Sa-
chen eine Farb/ daß mancher nicht ge-
wahret/ mit wie vil Ohnbefugſamkeit
er uͤber den Romanen ſizet. Das
Gifft bringet man am leichteſten bey/
ſo man es vor ein Cordial außgibet.
Hieron.|
Tom. I.
Epiſt. de
vit. Suſp.
contub.
CXLVII. Mir hat ohnlaͤngſt
ein vornemme Perſohn/ die bey fruͤhe-
ren Jahren manchen Roman durch-
trabet/ ohnverhohlen geſtanden/ es
wurde letſtlich bald dahin kom̃en ſeyn/
daß
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Zitationshilfe: | Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/234>, abgerufen am 16.07.2024. |