Heine, Heinrich: Ueber den Denunzianten. Eine Vorrede zum dritten Theile des Salons. Hamburg, 1837.des himmlischen Reiches für die gefährlichsten Feinde der bürgerlichen Ordnung und der Moral erklärt werden. Ja, nächst der Religion ist es die Moral, für deren Untergang Herr Menzel zittert. Ist er vielleicht wirklich so tugendhaft, der unerbittliche Sittenwart von Stuttgardt? Eine gewisse physische Moralität will ich Herrn Menzel keinesweges absprechen. Es ist schwer in Stuttgardt nicht moralisch zu seyn. In Paris ist es schon leichter, das weiß Gott! Es ist eine eigne Sache mit dem Laster. Die Tugend kann jeder allein üben, er hat niemand dazu nöthig als sich selber; zu dem Laster aber gehören immer zwei. Auch wird Herr Menzel von seinem Aeußern aufs glänzendste unterstützt, wenn er das Laster fliehen will. Ich habe eine zu vortheilhafte Meinung von dem guten Geschmacke des Lasters, als daß ich glauben dürfte, es würde jemals einem Menzel nachlaufen. Der arme Goethe war nicht so glücklich begabt und es war ihm nicht vergönnt, des himmlischen Reiches für die gefährlichsten Feinde der bürgerlichen Ordnung und der Moral erklärt werden. Ja, nächst der Religion ist es die Moral, für deren Untergang Herr Menzel zittert. Ist er vielleicht wirklich so tugendhaft, der unerbittliche Sittenwart von Stuttgardt? Eine gewisse physische Moralität will ich Herrn Menzel keinesweges absprechen. Es ist schwer in Stuttgardt nicht moralisch zu seyn. In Paris ist es schon leichter, das weiß Gott! Es ist eine eigne Sache mit dem Laster. Die Tugend kann jeder allein üben, er hat niemand dazu nöthig als sich selber; zu dem Laster aber gehören immer zwei. Auch wird Herr Menzel von seinem Aeußern aufs glänzendste unterstützt, wenn er das Laster fliehen will. Ich habe eine zu vortheilhafte Meinung von dem guten Geschmacke des Lasters, als daß ich glauben dürfte, es würde jemals einem Menzel nachlaufen. Der arme Goethe war nicht so glücklich begabt und es war ihm nicht vergönnt, <TEI> <text> <body> <div type="preface" n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="15"/> des himmlischen Reiches für die gefährlichsten Feinde der bürgerlichen Ordnung und der Moral erklärt werden.</p> <p>Ja, nächst der Religion ist es die Moral, für deren Untergang Herr Menzel zittert. Ist er vielleicht wirklich so tugendhaft, der unerbittliche Sittenwart von Stuttgardt? Eine gewisse physische Moralität will ich Herrn Menzel keinesweges absprechen. Es ist schwer in Stuttgardt <hi rendition="#g">nicht</hi> moralisch zu seyn. In Paris ist es schon leichter, das weiß Gott! Es ist eine eigne Sache mit dem Laster. Die Tugend kann jeder allein üben, er hat niemand dazu nöthig als sich selber; zu dem Laster aber gehören immer zwei. Auch wird Herr Menzel von seinem Aeußern aufs glänzendste unterstützt, wenn er das Laster fliehen will. Ich habe eine zu vortheilhafte Meinung von dem guten Geschmacke des Lasters, als daß ich glauben dürfte, es würde jemals einem Menzel nachlaufen. Der arme Goethe war nicht so glücklich begabt und es war ihm nicht vergönnt, </p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0016]
des himmlischen Reiches für die gefährlichsten Feinde der bürgerlichen Ordnung und der Moral erklärt werden.
Ja, nächst der Religion ist es die Moral, für deren Untergang Herr Menzel zittert. Ist er vielleicht wirklich so tugendhaft, der unerbittliche Sittenwart von Stuttgardt? Eine gewisse physische Moralität will ich Herrn Menzel keinesweges absprechen. Es ist schwer in Stuttgardt nicht moralisch zu seyn. In Paris ist es schon leichter, das weiß Gott! Es ist eine eigne Sache mit dem Laster. Die Tugend kann jeder allein üben, er hat niemand dazu nöthig als sich selber; zu dem Laster aber gehören immer zwei. Auch wird Herr Menzel von seinem Aeußern aufs glänzendste unterstützt, wenn er das Laster fliehen will. Ich habe eine zu vortheilhafte Meinung von dem guten Geschmacke des Lasters, als daß ich glauben dürfte, es würde jemals einem Menzel nachlaufen. Der arme Goethe war nicht so glücklich begabt und es war ihm nicht vergönnt,
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