Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.XXV. Die Linde blühte, die Nachtigall sang, Die Sonne lachte mit freundlicher Lust; Da küßtest du mich, und dein Arm mich umschlang, Da preßtest du mich an die schwellende Brust. Die Blätter fielen, der Rabe schrie hohl, Die Sonne grüßte verdrießlichen Blicks; Da sagten wir frostig einander: "Lebwohl!" Da knixtest du höflichst den höflichsten Knix. XXVI. Wir haben viel für einander gefühlt, Und dennoch uns gar vortrefflich vertragen. Wir haben oft "Mann und Frau" gespielt Und dennoch uns nicht gerauft und geschlagen. Wir haben zusammen gejauchzt und gescherzt, Und zärtlich uns geküßt und geherzt. Wir haben am Ende, aus kindischer Lust, "Verstecken" gespielt in Wäldern und Gründen, Und haben uns so zu verstecken gewußt, Daß wir uns nimmermehr wiederfinden. *
XXV. Die Linde blühte, die Nachtigall ſang, Die Sonne lachte mit freundlicher Luſt; Da küßteſt du mich, und dein Arm mich umſchlang, Da preßteſt du mich an die ſchwellende Bruſt. Die Blätter fielen, der Rabe ſchrie hohl, Die Sonne grüßte verdrießlichen Blicks; Da ſagten wir froſtig einander: „Lebwohl!“ Da knixteſt du höflichſt den höflichſten Knix. XXVI. Wir haben viel für einander gefühlt, Und dennoch uns gar vortrefflich vertragen. Wir haben oft „Mann und Frau“ geſpielt Und dennoch uns nicht gerauft und geſchlagen. Wir haben zuſammen gejauchzt und geſcherzt, Und zärtlich uns geküßt und geherzt. Wir haben am Ende, aus kindiſcher Luſt, „Verſtecken“ geſpielt in Wäldern und Gründen, Und haben uns ſo zu verſtecken gewußt, Daß wir uns nimmermehr wiederfinden. *
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XXV.
Die Linde blühte, die Nachtigall ſang,
Die Sonne lachte mit freundlicher Luſt;
Da küßteſt du mich, und dein Arm mich umſchlang,
Da preßteſt du mich an die ſchwellende Bruſt.
Die Blätter fielen, der Rabe ſchrie hohl,
Die Sonne grüßte verdrießlichen Blicks;
Da ſagten wir froſtig einander: „Lebwohl!“
Da knixteſt du höflichſt den höflichſten Knix.
XXVI.
Wir haben viel für einander gefühlt,
Und dennoch uns gar vortrefflich vertragen.
Wir haben oft „Mann und Frau“ geſpielt
Und dennoch uns nicht gerauft und geſchlagen.
Wir haben zuſammen gejauchzt und geſcherzt,
Und zärtlich uns geküßt und geherzt.
Wir haben am Ende, aus kindiſcher Luſt,
„Verſtecken“ geſpielt in Wäldern und Gründen,
Und haben uns ſo zu verſtecken gewußt,
Daß wir uns nimmermehr wiederfinden.
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