Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.Das war mein Liebchen wunnesam, Ein fremder Mann war Bräutigam; Dicht hinter'm Ehrenstuhl der Braut, Da blieb ich stehn, gab keinen Laut. Es rauscht Musik, -- gar still stand ich; Der Freudenlärm betrübte mich. Der Bräutgam oft gar zärtlich blickt, Die Braut erwiedert's hold und nickt. Der Bräutgam füllt den Becher sein, Und trinkt daraus, und reicht gar fein Der Braut ihn hin; sie lächelt Dank, -- O Weh! mein rothes Blut sie trank. Die Braut ein hübsches Aepflein nahm, Und reicht es hin dem Bräutigam. Der nahm sein Messer, schnitt hinein, -- O Weh! das war das Herze mein. Sie äugeln süß, sie äugeln lang,
Der Bräut'gam kühn die Braut umschlang, Und küßt sie auf die Wangen roth, -- O Weh! mich küßt der kalte Tod. Das war mein Liebchen wunneſam, Ein fremder Mann war Bräutigam; Dicht hinter'm Ehrenſtuhl der Braut, Da blieb ich ſtehn, gab keinen Laut. Es rauſcht Muſik, — gar ſtill ſtand ich; Der Freudenlärm betrübte mich. Der Bräutgam oft gar zärtlich blickt, Die Braut erwiedert's hold und nickt. Der Bräutgam füllt den Becher ſein, Und trinkt daraus, und reicht gar fein Der Braut ihn hin; ſie lächelt Dank, — O Weh! mein rothes Blut ſie trank. Die Braut ein hübſches Aepflein nahm, Und reicht es hin dem Bräutigam. Der nahm ſein Meſſer, ſchnitt hinein, — O Weh! das war das Herze mein. Sie äugeln ſüß, ſie äugeln lang,
Der Bräut'gam kühn die Braut umſchlang, Und küßt ſie auf die Wangen roth, — O Weh! mich küßt der kalte Tod. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0022" n="14"/> <lg n="5"> <l>Das war mein Liebchen wunneſam,</l><lb/> <l>Ein fremder Mann war Bräutigam;</l><lb/> <l>Dicht hinter'm Ehrenſtuhl der Braut,</l><lb/> <l>Da blieb ich ſtehn, gab keinen Laut.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Es rauſcht Muſik, — gar ſtill ſtand ich;</l><lb/> <l>Der Freudenlärm betrübte mich.</l><lb/> <l>Der Bräutgam oft gar zärtlich blickt,</l><lb/> <l>Die Braut erwiedert's hold und nickt.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Der Bräutgam füllt den Becher ſein,</l><lb/> <l>Und trinkt daraus, und reicht gar fein</l><lb/> <l>Der Braut ihn hin; ſie lächelt Dank, —</l><lb/> <l>O Weh! mein rothes Blut ſie trank.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Die Braut ein hübſches Aepflein nahm,</l><lb/> <l>Und reicht es hin dem Bräutigam.</l><lb/> <l>Der nahm ſein Meſſer, ſchnitt hinein, —</l><lb/> <l>O Weh! das war das Herze mein.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Sie äugeln ſüß, ſie äugeln lang,</l><lb/> <l>Der Bräut'gam kühn die Braut umſchlang,</l><lb/> <l>Und küßt ſie auf die Wangen roth, —</l><lb/> <l>O Weh! mich küßt der kalte Tod.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0022]
Das war mein Liebchen wunneſam,
Ein fremder Mann war Bräutigam;
Dicht hinter'm Ehrenſtuhl der Braut,
Da blieb ich ſtehn, gab keinen Laut.
Es rauſcht Muſik, — gar ſtill ſtand ich;
Der Freudenlärm betrübte mich.
Der Bräutgam oft gar zärtlich blickt,
Die Braut erwiedert's hold und nickt.
Der Bräutgam füllt den Becher ſein,
Und trinkt daraus, und reicht gar fein
Der Braut ihn hin; ſie lächelt Dank, —
O Weh! mein rothes Blut ſie trank.
Die Braut ein hübſches Aepflein nahm,
Und reicht es hin dem Bräutigam.
Der nahm ſein Meſſer, ſchnitt hinein, —
O Weh! das war das Herze mein.
Sie äugeln ſüß, ſie äugeln lang,
Der Bräut'gam kühn die Braut umſchlang,
Und küßt ſie auf die Wangen roth, —
O Weh! mich küßt der kalte Tod.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |