Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.Aus dem groben, grauen Hemde, Und auf die kleine, sorgsame Hand, Die das Unterröckchen fester bindet Um die feine Hüfte. Aber plötzlich, die Thür springt auf, Und es tritt herein der nächtige Fremdling; Liebesicher ruht sein Auge Auf dem weißen, schlanken Mädchen, Das schauernd vor ihm steht, Gleich einer erschrockenen Lilie; Und er wirft den Mantel zur Erde, Und lacht und spricht: Siehst du, mein Kind, ich halte Wort,
Und ich komme, und mit mir kommt Die alte Zeit, wo die Götter des Himmels Niederstiegen zu Töchtern der Menschen, Und die Töchter der Menschen umarmten, Und mit ihnen zeugten Zeptertragende Königsgeschlechter Und Helden, Wunder der Welt. Doch staune, mein Kind, nicht länger Ob meiner Göttlichkeit, Und ich bitte dich, koche mir Thee mit Rum, Aus dem groben, grauen Hemde, Und auf die kleine, ſorgſame Hand, Die das Unterröckchen feſter bindet Um die feine Hüfte. Aber plötzlich, die Thür ſpringt auf, Und es tritt herein der nächtige Fremdling; Liebeſicher ruht ſein Auge Auf dem weißen, ſchlanken Mädchen, Das ſchauernd vor ihm ſteht, Gleich einer erſchrockenen Lilie; Und er wirft den Mantel zur Erde, Und lacht und ſpricht: Siehſt du, mein Kind, ich halte Wort,
Und ich komme, und mit mir kommt Die alte Zeit, wo die Götter des Himmels Niederſtiegen zu Töchtern der Menſchen, Und die Töchter der Menſchen umarmten, Und mit ihnen zeugten Zeptertragende Königsgeſchlechter Und Helden, Wunder der Welt. Doch ſtaune, mein Kind, nicht länger Ob meiner Göttlichkeit, Und ich bitte dich, koche mir Thee mit Rum, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0326" n="318"/> <lg n="4"> <l>Aus dem groben, grauen Hemde,</l><lb/> <l>Und auf die kleine, ſorgſame Hand,</l><lb/> <l>Die das Unterröckchen feſter bindet</l><lb/> <l>Um die feine Hüfte.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Aber plötzlich, die Thür ſpringt auf,</l><lb/> <l>Und es tritt herein der nächtige Fremdling;</l><lb/> <l>Liebeſicher ruht ſein Auge</l><lb/> <l>Auf dem weißen, ſchlanken Mädchen,</l><lb/> <l>Das ſchauernd vor ihm ſteht,</l><lb/> <l>Gleich einer erſchrockenen Lilie;</l><lb/> <l>Und er wirft den Mantel zur Erde,</l><lb/> <l>Und lacht und ſpricht:</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Siehſt du, mein Kind, ich halte Wort,</l><lb/> <l>Und ich komme, und mit mir kommt</l><lb/> <l>Die alte Zeit, wo die Götter des Himmels</l><lb/> <l>Niederſtiegen zu Töchtern der Menſchen,</l><lb/> <l>Und die Töchter der Menſchen umarmten,</l><lb/> <l>Und mit ihnen zeugten</l><lb/> <l>Zeptertragende Königsgeſchlechter</l><lb/> <l>Und Helden, Wunder der Welt.</l><lb/> <l>Doch ſtaune, mein Kind, nicht länger</l><lb/> <l>Ob meiner Göttlichkeit,</l><lb/> <l>Und ich bitte dich, koche mir Thee mit Rum,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0326]
Aus dem groben, grauen Hemde,
Und auf die kleine, ſorgſame Hand,
Die das Unterröckchen feſter bindet
Um die feine Hüfte.
Aber plötzlich, die Thür ſpringt auf,
Und es tritt herein der nächtige Fremdling;
Liebeſicher ruht ſein Auge
Auf dem weißen, ſchlanken Mädchen,
Das ſchauernd vor ihm ſteht,
Gleich einer erſchrockenen Lilie;
Und er wirft den Mantel zur Erde,
Und lacht und ſpricht:
Siehſt du, mein Kind, ich halte Wort,
Und ich komme, und mit mir kommt
Die alte Zeit, wo die Götter des Himmels
Niederſtiegen zu Töchtern der Menſchen,
Und die Töchter der Menſchen umarmten,
Und mit ihnen zeugten
Zeptertragende Königsgeſchlechter
Und Helden, Wunder der Welt.
Doch ſtaune, mein Kind, nicht länger
Ob meiner Göttlichkeit,
Und ich bitte dich, koche mir Thee mit Rum,
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