Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.Setzte sich mit ihm, seelenbekümmert, An gastliche Heerde, Wo Königinnen Purpur spinnen, Und half ihm lügen und glücklich entrinnen Aus Riesenhöhlen und Nymphenarmen, Folgte ihm nach in kimmerische Nacht, Und in Sturm und Schiffbruch, Und duldete mit ihm unsägliches Elend. Seufzend sprach ich: Du böser Poseidon, Dein Zorn ist furchtbar, Und mir selber bangt Ob der eignen Heimkehr. Kaum sprach ich die Worte, Da schäumte das Meer, Und aus den weißen Wellen stieg Das schilfbekränzte Haupt des Meergotts, Und höhnisch rief er: Fürchte dich nicht, Poetlein!
Ich will nicht im g'ringsten gefährden Dein armes Schiffchen, Und nicht dein liebes Leben beängst'gen 21
Setzte ſich mit ihm, ſeelenbekümmert, An gaſtliche Heerde, Wo Königinnen Purpur ſpinnen, Und half ihm lügen und glücklich entrinnen Aus Rieſenhöhlen und Nymphenarmen, Folgte ihm nach in kimmeriſche Nacht, Und in Sturm und Schiffbruch, Und duldete mit ihm unſägliches Elend. Seufzend ſprach ich: Du böſer Poſeidon, Dein Zorn iſt furchtbar, Und mir ſelber bangt Ob der eignen Heimkehr. Kaum ſprach ich die Worte, Da ſchäumte das Meer, Und aus den weißen Wellen ſtieg Das ſchilfbekränzte Haupt des Meergotts, Und höhniſch rief er: Fürchte dich nicht, Poetlein!
Ich will nicht im g'ringſten gefährden Dein armes Schiffchen, Und nicht dein liebes Leben beängſt'gen 21
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Setzte ſich mit ihm, ſeelenbekümmert,
An gaſtliche Heerde,
Wo Königinnen Purpur ſpinnen,
Und half ihm lügen und glücklich entrinnen
Aus Rieſenhöhlen und Nymphenarmen,
Folgte ihm nach in kimmeriſche Nacht,
Und in Sturm und Schiffbruch,
Und duldete mit ihm unſägliches Elend.
Seufzend ſprach ich: Du böſer Poſeidon,
Dein Zorn iſt furchtbar,
Und mir ſelber bangt
Ob der eignen Heimkehr.
Kaum ſprach ich die Worte,
Da ſchäumte das Meer,
Und aus den weißen Wellen ſtieg
Das ſchilfbekränzte Haupt des Meergotts,
Und höhniſch rief er:
Fürchte dich nicht, Poetlein!
Ich will nicht im g'ringſten gefährden
Dein armes Schiffchen,
Und nicht dein liebes Leben beängſt'gen
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