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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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Und alle weinten stille Wonnethränen,
Und alle jauchzten: Liebe! Liebe! Liebe!
Die Schmetterlinge flatterten, die hellen
Goldkäfer summten feine Lieblingsliedchen,
Die Abendwinde flüsterten, es rauschten
Die Eichen, schmelzend sang die Nachtigall --
Und zwischen all dem Flüstern, Rauschen, Singen,
Schwatzte mit blechern klanglos kalter Stimme
Das welke Weib, das mir am Arme hing.
"Ich kenn' Ihr nächtlich Treiben auf dem Schloß;
Der lange Schatten ist ein guter Tropf,
Er nickt und winkt zu allem was man will;
Der Blaurock ist ein Engel; doch der Rothe,
Mit blankem Schwert, ist Ihnen spinnefeind."
Und noch viel bunt're, wunderliche Reden
Schwatzt' sie in einem fort, und setzte sich,
Ermüdet, mit mir nieder auf die Moosbank,
Die unterm alten Eichenbaume steht.

Da saßen wir beysammen, still und traurig,
Und sahn uns an, und wurden immer traur'ger.

Und alle weinten ſtille Wonnethraͤnen,
Und alle jauchzten: Liebe! Liebe! Liebe!
Die Schmetterlinge flatterten, die hellen
Goldkaͤfer ſummten feine Lieblingsliedchen,
Die Abendwinde fluͤſterten, es rauſchten
Die Eichen, ſchmelzend ſang die Nachtigall —
Und zwiſchen all dem Fluͤſtern, Rauſchen, Singen,
Schwatzte mit blechern klanglos kalter Stimme
Das welke Weib, das mir am Arme hing.
„Ich kenn' Ihr naͤchtlich Treiben auf dem Schloß;
Der lange Schatten iſt ein guter Tropf,
Er nickt und winkt zu allem was man will;
Der Blaurock iſt ein Engel; doch der Rothe,
Mit blankem Schwert, iſt Ihnen ſpinnefeind.“
Und noch viel bunt're, wunderliche Reden
Schwatzt' ſie in einem fort, und ſetzte ſich‚
Ermuͤdet, mit mir nieder auf die Moosbank,
Die unterm alten Eichenbaume ſteht.

Da ſaßen wir beyſammen, ſtill und traurig,
Und ſahn uns an, und wurden immer traur'ger.
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[90/0102] Und alle weinten ſtille Wonnethraͤnen, Und alle jauchzten: Liebe! Liebe! Liebe! Die Schmetterlinge flatterten, die hellen Goldkaͤfer ſummten feine Lieblingsliedchen, Die Abendwinde fluͤſterten, es rauſchten Die Eichen, ſchmelzend ſang die Nachtigall — Und zwiſchen all dem Fluͤſtern, Rauſchen, Singen, Schwatzte mit blechern klanglos kalter Stimme Das welke Weib, das mir am Arme hing. „Ich kenn' Ihr naͤchtlich Treiben auf dem Schloß; Der lange Schatten iſt ein guter Tropf, Er nickt und winkt zu allem was man will; Der Blaurock iſt ein Engel; doch der Rothe, Mit blankem Schwert, iſt Ihnen ſpinnefeind.“ Und noch viel bunt're, wunderliche Reden Schwatzt' ſie in einem fort, und ſetzte ſich‚ Ermuͤdet, mit mir nieder auf die Moosbank, Die unterm alten Eichenbaume ſteht. Da ſaßen wir beyſammen, ſtill und traurig, Und ſahn uns an, und wurden immer traur'ger.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/102>, abgerufen am 23.11.2024.