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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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quibus auxiliis? cur? quomodo? quando? Dieser
Fremde war ein alter, müder, abgetragener Mann,
der, wie aus seinen Reden hervorging, die ganze
Welt durchwandert, besonders lang auf Batavia
gelebt, viel Geld erworben und wieder alles verlo¬
ren hatte, und jetzt, nach dreyzigjähriger Abwe¬
senheit nach Quedlinburg, seiner Vaterstadt, zu¬
rückkehrte, -- "denn" setzte er hinzu, "unsre
Familie hat dort ihr Erbbegräbniß." Der Herr
Wirth machte die sehr aufgeklärte Bemerkung: daß
es doch für die Seele gleichgültig sey, wo unser Leib
begraben wird. "Haben Sie es schriftlich?" ant¬
wortete der Fremde, und dabey zogen sich unheim¬
lich schlaue Ringe um seine kümmerlichen Lippen
und verblichenen Aeugelein. "Aber" setzte er ängst¬
lich begütigend hinzu, "ich will darum über fremde
Gräber doch nichts böses gesagt haben; -- die Tür¬
ken begraben ihre Todten noch weit schöner als
wir, ihre Kirchhöfe sind ordentlich Gärten, und da
sitzen sie auf ihren weißen, beturbanten Grabstei¬
nen, unter dem Schatten einer Zypresse, und strei¬

quibus auxiliis? cur? quomodo? quando? Dieſer
Fremde war ein alter, muͤder, abgetragener Mann,
der, wie aus ſeinen Reden hervorging, die ganze
Welt durchwandert, beſonders lang auf Batavia
gelebt, viel Geld erworben und wieder alles verlo¬
ren hatte, und jetzt, nach dreyzigjaͤhriger Abwe¬
ſenheit nach Quedlinburg, ſeiner Vaterſtadt, zu¬
ruͤckkehrte, — “denn” ſetzte er hinzu, “unſre
Familie hat dort ihr Erbbegraͤbniß.” Der Herr
Wirth machte die ſehr aufgeklaͤrte Bemerkung: daß
es doch fuͤr die Seele gleichguͤltig ſey, wo unſer Leib
begraben wird. “Haben Sie es ſchriftlich?” ant¬
wortete der Fremde, und dabey zogen ſich unheim¬
lich ſchlaue Ringe um ſeine kuͤmmerlichen Lippen
und verblichenen Aeugelein. “Aber” ſetzte er aͤngſt¬
lich beguͤtigend hinzu, “ich will darum uͤber fremde
Graͤber doch nichts boͤſes geſagt haben; — die Tuͤr¬
ken begraben ihre Todten noch weit ſchoͤner als
wir, ihre Kirchhoͤfe ſind ordentlich Gaͤrten, und da
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[164/0176] quibus auxiliis? cur? quomodo? quando? Dieſer Fremde war ein alter, muͤder, abgetragener Mann, der, wie aus ſeinen Reden hervorging, die ganze Welt durchwandert, beſonders lang auf Batavia gelebt, viel Geld erworben und wieder alles verlo¬ ren hatte, und jetzt, nach dreyzigjaͤhriger Abwe¬ ſenheit nach Quedlinburg, ſeiner Vaterſtadt, zu¬ ruͤckkehrte, — “denn” ſetzte er hinzu, “unſre Familie hat dort ihr Erbbegraͤbniß.” Der Herr Wirth machte die ſehr aufgeklaͤrte Bemerkung: daß es doch fuͤr die Seele gleichguͤltig ſey, wo unſer Leib begraben wird. “Haben Sie es ſchriftlich?” ant¬ wortete der Fremde, und dabey zogen ſich unheim¬ lich ſchlaue Ringe um ſeine kuͤmmerlichen Lippen und verblichenen Aeugelein. “Aber” ſetzte er aͤngſt¬ lich beguͤtigend hinzu, “ich will darum uͤber fremde Graͤber doch nichts boͤſes geſagt haben; — die Tuͤr¬ ken begraben ihre Todten noch weit ſchoͤner als wir, ihre Kirchhoͤfe ſind ordentlich Gaͤrten, und da ſitzen ſie auf ihren weißen, beturbanten Grabſtei¬ nen, unter dem Schatten einer Zypreſſe, und ſtrei¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/176>, abgerufen am 04.12.2024.