Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Alte Todeswunden heilt er,
Und erneut das alte Recht:
Alle Menschen, gleichgeboren,
Sind ein adliches Geschlecht.
Er verscheucht die bösen Nebel,
Und das dunkle Hirngespinst,
Das uns Lieb' und Lust verleidet,
Tag und Nacht uns angegrinzt.
Tausend Ritter, wohlgewappnet,
Hat der heil'ge Geist erwählt,
Seinen Willen zu erfüllen,
Und er hat sie muthbeseelt.
Ihre theuern Schwerdter blitzen,
Ihre guten Banner weh'n!
Ey, du möchtest wohl, mein Kindchen,
Solche stolze Ritter seh'n?
Nun, so schau' mich an, mein Kindchen,
Küsse mich und schaue dreist;
Denn ich selber bin ein solcher
Ritter von dem heil'gen Geist.


Alte Todeswunden heilt er,
Und erneut das alte Recht:
Alle Menſchen, gleichgeboren,
Sind ein adliches Geſchlecht.
Er verſcheucht die boͤſen Nebel,
Und das dunkle Hirngeſpinſt,
Das uns Lieb' und Luſt verleidet,
Tag und Nacht uns angegrinzt.
Tauſend Ritter, wohlgewappnet,
Hat der heil'ge Geiſt erwaͤhlt,
Seinen Willen zu erfuͤllen,
Und er hat ſie muthbeſeelt.
Ihre theuern Schwerdter blitzen,
Ihre guten Banner weh'n!
Ey, du moͤchteſt wohl, mein Kindchen,
Solche ſtolze Ritter ſeh'n?
Nun, ſo ſchau' mich an, mein Kindchen,
Kuͤſſe mich und ſchaue dreiſt;
Denn ich ſelber bin ein ſolcher
Ritter von dem heil'gen Geiſt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="poem" n="1">
        <lg>
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0199" n="187"/>
            <lg n="12">
              <l>Alte Todeswunden heilt er,</l><lb/>
              <l>Und erneut das alte Recht:</l><lb/>
              <l>Alle Men&#x017F;chen, gleichgeboren,</l><lb/>
              <l>Sind ein adliches Ge&#x017F;chlecht.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="13">
              <l>Er ver&#x017F;cheucht die bo&#x0364;&#x017F;en Nebel,</l><lb/>
              <l>Und das dunkle Hirnge&#x017F;pin&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Das uns Lieb' und Lu&#x017F;t verleidet,</l><lb/>
              <l>Tag und Nacht uns angegrinzt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="14">
              <l>Tau&#x017F;end Ritter, wohlgewappnet,</l><lb/>
              <l>Hat der heil'ge Gei&#x017F;t erwa&#x0364;hlt,</l><lb/>
              <l>Seinen Willen zu erfu&#x0364;llen,</l><lb/>
              <l>Und er hat &#x017F;ie muthbe&#x017F;eelt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="15">
              <l>Ihre theuern Schwerdter blitzen,</l><lb/>
              <l>Ihre guten Banner weh'n!</l><lb/>
              <l>Ey, du mo&#x0364;chte&#x017F;t wohl, mein Kindchen,</l><lb/>
              <l>Solche &#x017F;tolze Ritter &#x017F;eh'n?</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="16">
              <l>Nun, &#x017F;o &#x017F;chau' mich an, mein Kindchen,</l><lb/>
              <l>Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mich und &#x017F;chaue drei&#x017F;t;</l><lb/>
              <l>Denn ich &#x017F;elber bin ein &#x017F;olcher</l><lb/>
              <l>Ritter von dem heil'gen Gei&#x017F;t.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0199] Alte Todeswunden heilt er, Und erneut das alte Recht: Alle Menſchen, gleichgeboren, Sind ein adliches Geſchlecht. Er verſcheucht die boͤſen Nebel, Und das dunkle Hirngeſpinſt, Das uns Lieb' und Luſt verleidet, Tag und Nacht uns angegrinzt. Tauſend Ritter, wohlgewappnet, Hat der heil'ge Geiſt erwaͤhlt, Seinen Willen zu erfuͤllen, Und er hat ſie muthbeſeelt. Ihre theuern Schwerdter blitzen, Ihre guten Banner weh'n! Ey, du moͤchteſt wohl, mein Kindchen, Solche ſtolze Ritter ſeh'n? Nun, ſo ſchau' mich an, mein Kindchen, Kuͤſſe mich und ſchaue dreiſt; Denn ich ſelber bin ein ſolcher Ritter von dem heil'gen Geiſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/199
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/199>, abgerufen am 11.12.2024.