und breites Gespräch einzuflechten. Aber ich schreibe nicht gerne was unwahr ist, und wir haben wirklich nicht lange über Göthe gesprochen, indem ich, aus Furcht, daß ich mich, wie ein deutscher Literatus, am Lieblingsthema festschwatzen möchte, das Gespräch auf andre Gegenstände lei¬ tete, und so kamen wir auf römische Vasen, An¬ gorakatzen, Lord Byron, Makaroni, türkische Shawls u. s. w. Die ältere Dame lispelte sehr hübsch einige Sonnenuntergangsstellen aus Byrons Gedichten. Der jüngern Dame, die kein Englisch verstand, und jene Gedichte kennen lernen wollte, empfahl ich die Uebersetzungen meiner schönen, geistreichen Landsmännin, der Baronin Elise von Hohenhausen; bey welcher Gelegenheit ich nicht ermangelte, wie ich gegen junge Damen zu thun pflege, über Byrons Gottlosigkeit, Lieblosigkeit, Trostlosigkeit, und der Himmel weiß was noch mehr, zu eifern.
Nach diesem Geschäfte ging ich noch auf dem Brocken spazieren; denn ganz dunkel wird es dort
und breites Geſpraͤch einzuflechten. Aber ich ſchreibe nicht gerne was unwahr iſt, und wir haben wirklich nicht lange uͤber Goͤthe geſprochen, indem ich, aus Furcht, daß ich mich, wie ein deutſcher Literatus, am Lieblingsthema feſtſchwatzen moͤchte, das Geſpraͤch auf andre Gegenſtaͤnde lei¬ tete, und ſo kamen wir auf roͤmiſche Vaſen, An¬ gorakatzen, Lord Byron, Makaroni, tuͤrkiſche Shawls u. ſ. w. Die aͤltere Dame liſpelte ſehr huͤbſch einige Sonnenuntergangsſtellen aus Byrons Gedichten. Der juͤngern Dame, die kein Engliſch verſtand, und jene Gedichte kennen lernen wollte, empfahl ich die Ueberſetzungen meiner ſchoͤnen, geiſtreichen Landsmaͤnnin, der Baronin Eliſe von Hohenhauſen; bey welcher Gelegenheit ich nicht ermangelte, wie ich gegen junge Damen zu thun pflege, uͤber Byrons Gottloſigkeit, Liebloſigkeit, Troſtloſigkeit, und der Himmel weiß was noch mehr, zu eifern.
Nach dieſem Geſchaͤfte ging ich noch auf dem Brocken ſpazieren; denn ganz dunkel wird es dort
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und breites Geſpraͤch einzuflechten. Aber ich
ſchreibe nicht gerne was unwahr iſt, und wir
haben wirklich nicht lange uͤber Goͤthe geſprochen,
indem ich, aus Furcht, daß ich mich, wie ein
deutſcher Literatus, am Lieblingsthema feſtſchwatzen
moͤchte, das Geſpraͤch auf andre Gegenſtaͤnde lei¬
tete, und ſo kamen wir auf roͤmiſche Vaſen, An¬
gorakatzen, Lord Byron, Makaroni, tuͤrkiſche
Shawls u. ſ. w. Die aͤltere Dame liſpelte ſehr
huͤbſch einige Sonnenuntergangsſtellen aus Byrons
Gedichten. Der juͤngern Dame, die kein Engliſch
verſtand, und jene Gedichte kennen lernen wollte,
empfahl ich die Ueberſetzungen meiner ſchoͤnen,
geiſtreichen Landsmaͤnnin, der Baronin Eliſe von
Hohenhauſen; bey welcher Gelegenheit ich nicht
ermangelte, wie ich gegen junge Damen zu thun
pflege, uͤber Byrons Gottloſigkeit, Liebloſigkeit,
Troſtloſigkeit, und der Himmel weiß was noch
mehr, zu eifern.
Nach dieſem Geſchaͤfte ging ich noch auf dem
Brocken ſpazieren; denn ganz dunkel wird es dort
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/224>, abgerufen am 04.12.2024.
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