Die "Harzreise" ist und bleibt Fragment, und die bunten Fäden, die so hübsch hineinge¬ sponnen sind, um sich im Ganzen harmonisch zu verschlingen, werden plötzlich, wie von der Scheere der unerbittlichen Parze, abgeschnitten. Vielleicht verwebe ich sie weiter in künftigen Lie¬ dern, und was jetzt kärglich verschwiegen ist, wird alsdann vollauf gesagt. Am Ende kommt es auch auf Eins heraus, wann und wo man etwas ausgesprochen hat, wenn man es nur über¬ haupt einmal ausspricht. Mögen die einzelnen Werke immerhin Fragmente bleiben, wenn sie nur in ihrer Vereinigung ein Ganzes bilden. Durch solche Vereinigung mag hier und da das Mangel¬ hafte ergänzt, das Schroffe ausgeglichen und das Allzuherbe gemildert werden. Dieses würde viel¬ leicht schon bey den ersten Blättern der Harzreise der Fall seyn, und sie könnten wohl einen minder sauren Eindruck hervorbringen, wenn man am derweitig erführe, daß der Unmuth, den ich ge¬ gen Göttingen im Allgemeinen hege, obschon er
Die „Harzreiſe“ iſt und bleibt Fragment, und die bunten Faͤden, die ſo huͤbſch hineinge¬ ſponnen ſind, um ſich im Ganzen harmoniſch zu verſchlingen, werden ploͤtzlich, wie von der Scheere der unerbittlichen Parze, abgeſchnitten. Vielleicht verwebe ich ſie weiter in kuͤnftigen Lie¬ dern, und was jetzt kaͤrglich verſchwiegen iſt, wird alsdann vollauf geſagt. Am Ende kommt es auch auf Eins heraus, wann und wo man etwas ausgeſprochen hat, wenn man es nur uͤber¬ haupt einmal ausſpricht. Moͤgen die einzelnen Werke immerhin Fragmente bleiben, wenn ſie nur in ihrer Vereinigung ein Ganzes bilden. Durch ſolche Vereinigung mag hier und da das Mangel¬ hafte ergaͤnzt, das Schroffe ausgeglichen und das Allzuherbe gemildert werden. Dieſes wuͤrde viel¬ leicht ſchon bey den erſten Blaͤttern der Harzreiſe der Fall ſeyn, und ſie koͤnnten wohl einen minder ſauren Eindruck hervorbringen, wenn man am derweitig erfuͤhre, daß der Unmuth, den ich ge¬ gen Goͤttingen im Allgemeinen hege, obſchon er
<TEI><text><body><divtype="poem"n="1"><pbfacs="#f0263"n="251"/><p>Die „Harzreiſe“ iſt und bleibt Fragment,<lb/>
und die bunten Faͤden, die ſo huͤbſch hineinge¬<lb/>ſponnen ſind, um ſich im Ganzen harmoniſch<lb/>
zu verſchlingen, werden ploͤtzlich, wie von der<lb/>
Scheere der unerbittlichen Parze, abgeſchnitten.<lb/>
Vielleicht verwebe ich ſie weiter in kuͤnftigen Lie¬<lb/>
dern, und was jetzt kaͤrglich verſchwiegen iſt,<lb/>
wird alsdann vollauf geſagt. Am Ende kommt<lb/>
es auch auf Eins heraus, wann und wo man<lb/>
etwas ausgeſprochen hat, wenn man es nur uͤber¬<lb/>
haupt einmal ausſpricht. Moͤgen die einzelnen<lb/>
Werke immerhin Fragmente bleiben, wenn ſie nur<lb/>
in ihrer Vereinigung ein Ganzes bilden. Durch<lb/>ſolche Vereinigung mag hier und da das Mangel¬<lb/>
hafte ergaͤnzt, das Schroffe ausgeglichen und das<lb/>
Allzuherbe gemildert werden. Dieſes wuͤrde viel¬<lb/>
leicht ſchon bey den erſten Blaͤttern der Harzreiſe<lb/>
der Fall ſeyn, und ſie koͤnnten wohl einen minder<lb/>ſauren Eindruck hervorbringen, wenn man am<lb/>
derweitig erfuͤhre, daß der Unmuth, den ich ge¬<lb/>
gen Goͤttingen im Allgemeinen hege, obſchon er<lb/></p></div></body></text></TEI>
[251/0263]
Die „Harzreiſe“ iſt und bleibt Fragment,
und die bunten Faͤden, die ſo huͤbſch hineinge¬
ſponnen ſind, um ſich im Ganzen harmoniſch
zu verſchlingen, werden ploͤtzlich, wie von der
Scheere der unerbittlichen Parze, abgeſchnitten.
Vielleicht verwebe ich ſie weiter in kuͤnftigen Lie¬
dern, und was jetzt kaͤrglich verſchwiegen iſt,
wird alsdann vollauf geſagt. Am Ende kommt
es auch auf Eins heraus, wann und wo man
etwas ausgeſprochen hat, wenn man es nur uͤber¬
haupt einmal ausſpricht. Moͤgen die einzelnen
Werke immerhin Fragmente bleiben, wenn ſie nur
in ihrer Vereinigung ein Ganzes bilden. Durch
ſolche Vereinigung mag hier und da das Mangel¬
hafte ergaͤnzt, das Schroffe ausgeglichen und das
Allzuherbe gemildert werden. Dieſes wuͤrde viel¬
leicht ſchon bey den erſten Blaͤttern der Harzreiſe
der Fall ſeyn, und ſie koͤnnten wohl einen minder
ſauren Eindruck hervorbringen, wenn man am
derweitig erfuͤhre, daß der Unmuth, den ich ge¬
gen Goͤttingen im Allgemeinen hege, obſchon er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/263>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.