Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.XI. Reinigung. Bleib' Du in deiner Meerestiefe, Wahnsinniger Traum, Der du einst so manche Nacht Mein Herz mit falschem Glück gequält hast Und jetzt, als See-Gespenst, Sogar am hellen Tag' mich bedrohest -- Bleib' Du dort unten, in Ewigkeit, Und ich werfe noch zu dir hinab All meine Schmerzen und Sünden Und die Schellenkappe der Thorheit, Die so lange mein Haupt umklingelt, Und die kalte, gleißende Schlangenhaut Der Heucheley, Die mir so lang' die Seele umwunden, Die kranke Seele, XI. Reinigung. Bleib' Du in deiner Meerestiefe, Wahnſinniger Traum, Der du einſt ſo manche Nacht Mein Herz mit falſchem Gluͤck gequaͤlt haſt Und jetzt, als See-Geſpenſt, Sogar am hellen Tag' mich bedroheſt — Bleib' Du dort unten, in Ewigkeit, Und ich werfe noch zu dir hinab All meine Schmerzen und Suͤnden Und die Schellenkappe der Thorheit, Die ſo lange mein Haupt umklingelt, Und die kalte, gleißende Schlangenhaut Der Heucheley, Die mir ſo lang' die Seele umwunden, Die kranke Seele, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0307" n="295"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">XI</hi>.<lb/><hi rendition="#g">Reinigung</hi>.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Bleib' Du in deiner Meerestiefe,</l><lb/> <l>Wahnſinniger Traum,</l><lb/> <l>Der du einſt ſo manche Nacht</l><lb/> <l>Mein Herz mit falſchem Gluͤck gequaͤlt haſt</l><lb/> <l>Und jetzt, als See-Geſpenſt,</l><lb/> <l>Sogar am hellen Tag' mich bedroheſt —</l><lb/> <l>Bleib' Du dort unten, in Ewigkeit,</l><lb/> <l>Und ich werfe noch zu dir hinab</l><lb/> <l>All meine Schmerzen und Suͤnden</l><lb/> <l>Und die Schellenkappe der Thorheit,</l><lb/> <l>Die ſo lange mein Haupt umklingelt,</l><lb/> <l>Und die kalte, gleißende Schlangenhaut</l><lb/> <l>Der Heucheley,</l><lb/> <l>Die mir ſo lang' die Seele umwunden,</l><lb/> <l>Die kranke Seele,</l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0307]
XI.
Reinigung.
Bleib' Du in deiner Meerestiefe,
Wahnſinniger Traum,
Der du einſt ſo manche Nacht
Mein Herz mit falſchem Gluͤck gequaͤlt haſt
Und jetzt, als See-Geſpenſt,
Sogar am hellen Tag' mich bedroheſt —
Bleib' Du dort unten, in Ewigkeit,
Und ich werfe noch zu dir hinab
All meine Schmerzen und Suͤnden
Und die Schellenkappe der Thorheit,
Die ſo lange mein Haupt umklingelt,
Und die kalte, gleißende Schlangenhaut
Der Heucheley,
Die mir ſo lang' die Seele umwunden,
Die kranke Seele,
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