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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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Namen wisse? so gab sie lächelnd zur Ant¬
wort, sie habe sie von den Vögeln erfahren,
die an den Fliesen ihres Fensters nisteten --
und sie wollte mich gar glauben machen, dieses
seyen die nämlichen Vögel, die ich einst als
Knabe mit meinem Taschengelde den hartherzi¬
gen Bauerjungen abgekauft habe, und dann
frey fortfliegen lassen. Ich glaube aber, sie
wußte alles, weil sie so blaß war und wirk¬
lich bald starb. Sie wußte auch, wann sie
sterben würde, und wünschte, daß ich Ander¬
nacht den Tag vorher verlassen möchte. Beym
Abschied gab sie mir beide Hände -- es waren
weiße, süße Hände, und rein wie eine Lilie --
und sie sprach: du bist sehr gut, und wenn du
böse wirst, so denke wieder an die kleine, todte
Veronika.

Haben ihr die geschwätzigen Vögel auch die¬
sen Namen verrathen? Ich hatte mir in er¬
innerungssüchtigen Stunden so oft den Kopf

Namen wiſſe? ſo gab ſie laͤchelnd zur Ant¬
wort, ſie habe ſie von den Voͤgeln erfahren,
die an den Flieſen ihres Fenſters niſteten —
und ſie wollte mich gar glauben machen, dieſes
ſeyen die naͤmlichen Voͤgel, die ich einſt als
Knabe mit meinem Taſchengelde den hartherzi¬
gen Bauerjungen abgekauft habe, und dann
frey fortfliegen laſſen. Ich glaube aber, ſie
wußte alles, weil ſie ſo blaß war und wirk¬
lich bald ſtarb. Sie wußte auch, wann ſie
ſterben wuͤrde, und wuͤnſchte, daß ich Ander¬
nacht den Tag vorher verlaſſen moͤchte. Beym
Abſchied gab ſie mir beide Haͤnde — es waren
weiße, ſuͤße Haͤnde, und rein wie eine Lilie —
und ſie ſprach: du biſt ſehr gut, und wenn du
boͤſe wirſt, ſo denke wieder an die kleine, todte
Veronika.

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ſen Namen verrathen? Ich hatte mir in er¬
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[164/0172] Namen wiſſe? ſo gab ſie laͤchelnd zur Ant¬ wort, ſie habe ſie von den Voͤgeln erfahren, die an den Flieſen ihres Fenſters niſteten — und ſie wollte mich gar glauben machen, dieſes ſeyen die naͤmlichen Voͤgel, die ich einſt als Knabe mit meinem Taſchengelde den hartherzi¬ gen Bauerjungen abgekauft habe, und dann frey fortfliegen laſſen. Ich glaube aber, ſie wußte alles, weil ſie ſo blaß war und wirk¬ lich bald ſtarb. Sie wußte auch, wann ſie ſterben wuͤrde, und wuͤnſchte, daß ich Ander¬ nacht den Tag vorher verlaſſen moͤchte. Beym Abſchied gab ſie mir beide Haͤnde — es waren weiße, ſuͤße Haͤnde, und rein wie eine Lilie — und ſie ſprach: du biſt ſehr gut, und wenn du boͤſe wirſt, ſo denke wieder an die kleine, todte Veronika. Haben ihr die geſchwaͤtzigen Voͤgel auch die¬ ſen Namen verrathen? Ich hatte mir in er¬ innerungsſuͤchtigen Stunden ſo oft den Kopf

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/172>, abgerufen am 22.11.2024.