Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

gen, und darum habe ich dieses Buch "Ideen"

betitelt.

Der Titel des Buches bedeutet daher eben
so wenig als der Titel des Verfassers, er ward
von demselben nicht aus gelehrtem Hochmuth
gewählt, und darf ihm für nichts weniger als
Eitelkeit ausgedeutet werden. Nehmen Sie die
wehmüthigste Versicherung, Madame, ich bin
nicht eitel. Es bedarf dieser Bemerkung, wie
Sie mitunter merken werden. Ich bin nicht
eitel -- Und wüchse ein Wald von Lorbeeren
auf meinem Haupte, und ergösse sich ein
Meer von Weihrauch in mein junges Herz --
ich würde doch nicht eitel werden. Meine
Freunde und übrigen Raum- und Zeitgenossen
haben treulich dafür gesorgt -- Sie wissen,
Madame, daß alte Weiber ihre Pflegekinder ein
bischen anspucken, wenn man die Schönheit der¬
selben lobt, damit das Lob den lieben Kleinen
nicht schade -- Sie wissen, Madame, wenn zu

gen, und darum habe ich dieſes Buch “Ideen”

betitelt.

Der Titel des Buches bedeutet daher eben
ſo wenig als der Titel des Verfaſſers, er ward
von demſelben nicht aus gelehrtem Hochmuth
gewaͤhlt, und darf ihm fuͤr nichts weniger als
Eitelkeit ausgedeutet werden. Nehmen Sie die
wehmuͤthigſte Verſicherung, Madame, ich bin
nicht eitel. Es bedarf dieſer Bemerkung, wie
Sie mitunter merken werden. Ich bin nicht
eitel — Und wuͤchſe ein Wald von Lorbeeren
auf meinem Haupte, und ergoͤſſe ſich ein
Meer von Weihrauch in mein junges Herz —
ich wuͤrde doch nicht eitel werden. Meine
Freunde und uͤbrigen Raum- und Zeitgenoſſen
haben treulich dafuͤr geſorgt — Sie wiſſen,
Madame, daß alte Weiber ihre Pflegekinder ein
bischen anſpucken, wenn man die Schoͤnheit der¬
ſelben lobt, damit das Lob den lieben Kleinen
nicht ſchade — Sie wiſſen, Madame, wenn zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0250" n="242"/>
gen, und darum habe ich die&#x017F;es Buch &#x201C;Ideen&#x201D;</p><lb/>
          <p>betitelt.</p><lb/>
          <p>Der Titel des Buches bedeutet daher eben<lb/>
&#x017F;o wenig als der Titel des Verfa&#x017F;&#x017F;ers, er ward<lb/>
von dem&#x017F;elben nicht aus gelehrtem Hochmuth<lb/>
gewa&#x0364;hlt, und darf ihm fu&#x0364;r nichts weniger als<lb/>
Eitelkeit ausgedeutet werden. Nehmen Sie die<lb/>
wehmu&#x0364;thig&#x017F;te Ver&#x017F;icherung, Madame, ich bin<lb/>
nicht eitel. Es bedarf die&#x017F;er Bemerkung, wie<lb/>
Sie mitunter merken werden. Ich bin nicht<lb/>
eitel &#x2014; Und wu&#x0364;ch&#x017F;e ein Wald von Lorbeeren<lb/>
auf meinem Haupte, und ergo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich ein<lb/>
Meer von Weihrauch in mein junges Herz &#x2014;<lb/>
ich wu&#x0364;rde doch nicht eitel werden. Meine<lb/>
Freunde und u&#x0364;brigen Raum- und Zeitgeno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
haben treulich dafu&#x0364;r ge&#x017F;orgt &#x2014; Sie wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Madame, daß alte Weiber ihre Pflegekinder ein<lb/>
bischen an&#x017F;pucken, wenn man die Scho&#x0364;nheit der¬<lb/>
&#x017F;elben lobt, damit das Lob den lieben Kleinen<lb/>
nicht &#x017F;chade &#x2014; Sie wi&#x017F;&#x017F;en, Madame, wenn zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0250] gen, und darum habe ich dieſes Buch “Ideen” betitelt. Der Titel des Buches bedeutet daher eben ſo wenig als der Titel des Verfaſſers, er ward von demſelben nicht aus gelehrtem Hochmuth gewaͤhlt, und darf ihm fuͤr nichts weniger als Eitelkeit ausgedeutet werden. Nehmen Sie die wehmuͤthigſte Verſicherung, Madame, ich bin nicht eitel. Es bedarf dieſer Bemerkung, wie Sie mitunter merken werden. Ich bin nicht eitel — Und wuͤchſe ein Wald von Lorbeeren auf meinem Haupte, und ergoͤſſe ſich ein Meer von Weihrauch in mein junges Herz — ich wuͤrde doch nicht eitel werden. Meine Freunde und uͤbrigen Raum- und Zeitgenoſſen haben treulich dafuͤr geſorgt — Sie wiſſen, Madame, daß alte Weiber ihre Pflegekinder ein bischen anſpucken, wenn man die Schoͤnheit der¬ ſelben lobt, damit das Lob den lieben Kleinen nicht ſchade — Sie wiſſen, Madame, wenn zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/250
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/250>, abgerufen am 21.11.2024.