Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

letztern allzuzahlreich, und ihr Geschrey ist
groß, und täglich verüben sie Gräuel; wie denn
wirklich jede Dummheit dem Vernünftigen ein
Gräuel ist. Ihre Kriegslisten sind oft von sehr
schlauer Art. Einige Häuptlinge der großen
Armee hüten sich wohl die geheime Ursache
des Krieges einzugestehen. Sie haben gehört,
ein bekannter, falscher Mann, der es in der
Falschheit so weit gebracht hatte, daß er am
Ende sogar falsche Memoiren schrieb, nämlich
Fouche, habe mahl geäußert: les paroles sont
faites pour cacher nos pensees
; und nun ma¬
chen sie viel Worte, um zu verbergen, daß sie
überhaupt keine Gedanken haben, und halten
lange Reden und schreiben dicke Bücher, und
wenn man sie hört, so preisen sie die alleinse¬
ligmachende Quelle der Gedanken, nämlich die
Vernunft, und wenn man sie sieht, so treiben
sie Mathematik, Logik, Statistik, Maschinen-
Verbesserung, Bürgersinn, Stallfütterung u.
s. w. -- und wie der Affe um so lächerlicher

letztern allzuzahlreich, und ihr Geſchrey iſt
groß, und taͤglich veruͤben ſie Graͤuel; wie denn
wirklich jede Dummheit dem Vernuͤnftigen ein
Graͤuel iſt. Ihre Kriegsliſten ſind oft von ſehr
ſchlauer Art. Einige Haͤuptlinge der großen
Armee huͤten ſich wohl die geheime Urſache
des Krieges einzugeſtehen. Sie haben gehoͤrt,
ein bekannter, falſcher Mann, der es in der
Falſchheit ſo weit gebracht hatte, daß er am
Ende ſogar falſche Memoiren ſchrieb, naͤmlich
Fouché, habe mahl geaͤußert: les paroles sont
faites pour cacher nos pensées
; und nun ma¬
chen ſie viel Worte, um zu verbergen, daß ſie
uͤberhaupt keine Gedanken haben, und halten
lange Reden und ſchreiben dicke Buͤcher, und
wenn man ſie hoͤrt, ſo preiſen ſie die alleinſe¬
ligmachende Quelle der Gedanken, naͤmlich die
Vernunft, und wenn man ſie ſieht, ſo treiben
ſie Mathematik, Logik, Statiſtik, Maſchinen–
Verbeſſerung, Buͤrgerſinn, Stallfuͤtterung u.
ſ. w. — und wie der Affe um ſo laͤcherlicher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0273" n="265"/>
letztern allzuzahlreich, und ihr Ge&#x017F;chrey i&#x017F;t<lb/>
groß, und ta&#x0364;glich veru&#x0364;ben &#x017F;ie Gra&#x0364;uel; wie denn<lb/>
wirklich jede Dummheit dem Vernu&#x0364;nftigen ein<lb/>
Gra&#x0364;uel i&#x017F;t. Ihre Kriegsli&#x017F;ten &#x017F;ind oft von &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chlauer Art. Einige Ha&#x0364;uptlinge der großen<lb/>
Armee hu&#x0364;ten &#x017F;ich wohl die geheime Ur&#x017F;ache<lb/>
des Krieges einzuge&#x017F;tehen. Sie haben geho&#x0364;rt,<lb/>
ein bekannter, fal&#x017F;cher Mann, der es in der<lb/>
Fal&#x017F;chheit &#x017F;o weit gebracht hatte, daß er am<lb/>
Ende &#x017F;ogar fal&#x017F;che Memoiren &#x017F;chrieb, na&#x0364;mlich<lb/>
Fouch<hi rendition="#aq">é</hi>, habe mahl gea&#x0364;ußert: <hi rendition="#aq">les paroles sont<lb/>
faites pour cacher nos pensées</hi>; und nun ma¬<lb/>
chen &#x017F;ie viel Worte, um zu verbergen, daß &#x017F;ie<lb/>
u&#x0364;berhaupt keine Gedanken haben, und halten<lb/>
lange Reden und &#x017F;chreiben dicke Bu&#x0364;cher, und<lb/>
wenn man &#x017F;ie ho&#x0364;rt, &#x017F;o prei&#x017F;en &#x017F;ie die allein&#x017F;<lb/>
ligmachende Quelle der Gedanken, na&#x0364;mlich die<lb/>
Vernunft, und wenn man &#x017F;ie &#x017F;ieht, &#x017F;o treiben<lb/>
&#x017F;ie Mathematik, Logik, Stati&#x017F;tik, Ma&#x017F;chinen&#x2013;<lb/>
Verbe&#x017F;&#x017F;erung, Bu&#x0364;rger&#x017F;inn, Stallfu&#x0364;tterung u.<lb/>
&#x017F;. w. &#x2014; und wie der Affe um &#x017F;o la&#x0364;cherlicher<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0273] letztern allzuzahlreich, und ihr Geſchrey iſt groß, und taͤglich veruͤben ſie Graͤuel; wie denn wirklich jede Dummheit dem Vernuͤnftigen ein Graͤuel iſt. Ihre Kriegsliſten ſind oft von ſehr ſchlauer Art. Einige Haͤuptlinge der großen Armee huͤten ſich wohl die geheime Urſache des Krieges einzugeſtehen. Sie haben gehoͤrt, ein bekannter, falſcher Mann, der es in der Falſchheit ſo weit gebracht hatte, daß er am Ende ſogar falſche Memoiren ſchrieb, naͤmlich Fouché, habe mahl geaͤußert: les paroles sont faites pour cacher nos pensées; und nun ma¬ chen ſie viel Worte, um zu verbergen, daß ſie uͤberhaupt keine Gedanken haben, und halten lange Reden und ſchreiben dicke Buͤcher, und wenn man ſie hoͤrt, ſo preiſen ſie die alleinſe¬ ligmachende Quelle der Gedanken, naͤmlich die Vernunft, und wenn man ſie ſieht, ſo treiben ſie Mathematik, Logik, Statiſtik, Maſchinen– Verbeſſerung, Buͤrgerſinn, Stallfuͤtterung u. ſ. w. — und wie der Affe um ſo laͤcherlicher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/273
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/273>, abgerufen am 22.11.2024.