Als ich einst an einem schönen Frühlingstage unter den Berliner Linden spatzieren ging, wan¬ delten vor mir zwey Frauenzimmer, die lange schwiegen, bis endlich die Eine schmachtend auf¬ seufzte: ach, die jrine Beeme! Worauf die Andre, ein junges Ding, mit naiver Verwundrung fragte: Mutter, was gehn Ihnen die jrine Beeme an?
Ich kann nicht umhin zu bemerken, daß beide Personen zwar nicht in Seide gekleidet gingen, jedoch keineswegs zum Pöbel gehörten, wie es denn überhaupt in Berlin keinen Pöbel giebt, außer etwa in den höchsten Ständen. Was aber
CapitelIV.
Als ich einſt an einem ſchoͤnen Fruͤhlingstage unter den Berliner Linden ſpatzieren ging, wan¬ delten vor mir zwey Frauenzimmer, die lange ſchwiegen, bis endlich die Eine ſchmachtend auf¬ ſeufzte: ach, die jrine Beeme! Worauf die Andre, ein junges Ding, mit naiver Verwundrung fragte: Mutter, was gehn Ihnen die jrine Beeme an?
Ich kann nicht umhin zu bemerken, daß beide Perſonen zwar nicht in Seide gekleidet gingen, jedoch keineswegs zum Poͤbel gehoͤrten, wie es denn uͤberhaupt in Berlin keinen Poͤbel giebt, außer etwa in den hoͤchſten Staͤnden. Was aber
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Capitel IV.
Als ich einſt an einem ſchoͤnen Fruͤhlingstage
unter den Berliner Linden ſpatzieren ging, wan¬
delten vor mir zwey Frauenzimmer, die lange
ſchwiegen, bis endlich die Eine ſchmachtend auf¬
ſeufzte: ach, die jrine Beeme! Worauf die Andre,
ein junges Ding, mit naiver Verwundrung fragte:
Mutter, was gehn Ihnen die jrine Beeme an?
Ich kann nicht umhin zu bemerken, daß beide
Perſonen zwar nicht in Seide gekleidet gingen,
jedoch keineswegs zum Poͤbel gehoͤrten, wie es
denn uͤberhaupt in Berlin keinen Poͤbel giebt,
außer etwa in den hoͤchſten Staͤnden. Was aber
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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