die untere Nasenlinie, die wundersam kurz war, eben so schmal war die Entfernung von der Nase zum Munde, dessen Lippen an beiden Enden kaum ausreichten und von einem träumerischen Lächeln ergänzt wurden; darunter wölbte sich ein liebes volles Kinn, und der Hals -- Ach! frommer Leser, ich komme zu weit, und außerdem habe ich bey dieser Inauguralschilderung noch kein Recht von den zwey schweigenden Blumen zu sprechen, die wie weiße Poesie hervorleuchteten, wenn Signora die silbernen Halsknöpfe ihres schwarz¬ seidnen Kleides enthäkelte -- Lieber Leser! laß uns wieder emporsteigen zu der Schilderung des Ge¬ sichtes, wovon ich nachträglich noch zu berichten habe, daß es klar und blaßgelb wie Bernstein war, daß es von den schwarzen Haaren, die in glänzend glatten Ovalen die Schläfe bedeckten, eine kindliche Ründung empfing, und von zwey schwarzen plötzlichen Augen, wie von Zauberlicht, beleuchtet wurde.
die untere Naſenlinie, die wunderſam kurz war, eben ſo ſchmal war die Entfernung von der Naſe zum Munde, deſſen Lippen an beiden Enden kaum ausreichten und von einem traͤumeriſchen Laͤcheln ergaͤnzt wurden; darunter woͤlbte ſich ein liebes volles Kinn, und der Hals — Ach! frommer Leſer, ich komme zu weit, und außerdem habe ich bey dieſer Inauguralſchilderung noch kein Recht von den zwey ſchweigenden Blumen zu ſprechen, die wie weiße Poeſie hervorleuchteten, wenn Signora die ſilbernen Halsknoͤpfe ihres ſchwarz¬ ſeidnen Kleides enthaͤkelte — Lieber Leſer! laß uns wieder emporſteigen zu der Schilderung des Ge¬ ſichtes, wovon ich nachtraͤglich noch zu berichten habe, daß es klar und blaßgelb wie Bernſtein war, daß es von den ſchwarzen Haaren, die in glaͤnzend glatten Ovalen die Schlaͤfe bedeckten, eine kindliche Ruͤndung empfing, und von zwey ſchwarzen ploͤtzlichen Augen, wie von Zauberlicht, beleuchtet wurde.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0282"n="274"/>
die untere Naſenlinie, die wunderſam kurz war,<lb/>
eben ſo ſchmal war die Entfernung von der Naſe<lb/>
zum Munde, deſſen Lippen an beiden Enden kaum<lb/>
ausreichten und von einem traͤumeriſchen Laͤcheln<lb/>
ergaͤnzt wurden; darunter woͤlbte ſich ein liebes<lb/>
volles Kinn, und der Hals — Ach! frommer Leſer,<lb/>
ich komme zu weit, und außerdem habe ich bey<lb/>
dieſer Inauguralſchilderung noch kein Recht von<lb/>
den zwey ſchweigenden Blumen zu ſprechen,<lb/>
die wie weiße Poeſie hervorleuchteten, wenn<lb/>
Signora die ſilbernen Halsknoͤpfe ihres ſchwarz¬<lb/>ſeidnen Kleides enthaͤkelte — Lieber Leſer! laß uns<lb/>
wieder emporſteigen zu der Schilderung des Ge¬<lb/>ſichtes, wovon ich nachtraͤglich noch zu berichten<lb/>
habe, daß es klar und blaßgelb wie Bernſtein<lb/>
war, daß es von den ſchwarzen Haaren, die in<lb/>
glaͤnzend glatten Ovalen die Schlaͤfe bedeckten,<lb/>
eine kindliche Ruͤndung empfing, und von zwey<lb/>ſchwarzen ploͤtzlichen Augen, wie von Zauberlicht,<lb/>
beleuchtet wurde.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[274/0282]
die untere Naſenlinie, die wunderſam kurz war,
eben ſo ſchmal war die Entfernung von der Naſe
zum Munde, deſſen Lippen an beiden Enden kaum
ausreichten und von einem traͤumeriſchen Laͤcheln
ergaͤnzt wurden; darunter woͤlbte ſich ein liebes
volles Kinn, und der Hals — Ach! frommer Leſer,
ich komme zu weit, und außerdem habe ich bey
dieſer Inauguralſchilderung noch kein Recht von
den zwey ſchweigenden Blumen zu ſprechen,
die wie weiße Poeſie hervorleuchteten, wenn
Signora die ſilbernen Halsknoͤpfe ihres ſchwarz¬
ſeidnen Kleides enthaͤkelte — Lieber Leſer! laß uns
wieder emporſteigen zu der Schilderung des Ge¬
ſichtes, wovon ich nachtraͤglich noch zu berichten
habe, daß es klar und blaßgelb wie Bernſtein
war, daß es von den ſchwarzen Haaren, die in
glaͤnzend glatten Ovalen die Schlaͤfe bedeckten,
eine kindliche Ruͤndung empfing, und von zwey
ſchwarzen ploͤtzlichen Augen, wie von Zauberlicht,
beleuchtet wurde.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/282>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.