Sie singt des Nachts auf dem Granatbaum dort; Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall.
Das ist ganz einerley -- fuhr Hyacinth fort -- meinethalben ein Kanarienvogel, die Vögel die man im Garten hält, kosten am we¬ nigsten. Die Hauptsache ist das Treibhaus, und die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren, die davor stehen, und da stehen, zum Beyspiel, ein nackter General von den Göttern und die Venus Urinia, die beide drey hundert Mark kosten. Mitten im Garten hat sich die Gudel auch eine Fontenelle anlegen lassen -- Und da steht sie vielleicht jetzt und puhlt sich die Nase, und macht sich ein Schwärmereyvergnügen, und denkt an mich -- Ach!
Nach diesem Seufzer erfolgte eine sehnsüch¬ tige Stille, die der Markese endlich unterbrach, mit der schmachtenden Frage: Sage mir auf deine Ehre, Hyazinth, glaubst du wirklich, daß dein Pulver wirken wird?
Sie ſingt des Nachts auf dem Granatbaum dort; Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall.
Das iſt ganz einerley — fuhr Hyacinth fort — meinethalben ein Kanarienvogel, die Voͤgel die man im Garten haͤlt, koſten am we¬ nigſten. Die Hauptſache iſt das Treibhaus, und die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren, die davor ſtehen, und da ſtehen, zum Beyſpiel, ein nackter General von den Goͤttern und die Venus Urinia, die beide drey hundert Mark koſten. Mitten im Garten hat ſich die Gudel auch eine Fontenelle anlegen laſſen — Und da ſteht ſie vielleicht jetzt und puhlt ſich die Naſe, und macht ſich ein Schwaͤrmereyvergnuͤgen, und denkt an mich — Ach!
Nach dieſem Seufzer erfolgte eine ſehnſuͤch¬ tige Stille, die der Markeſe endlich unterbrach, mit der ſchmachtenden Frage: Sage mir auf deine Ehre, Hyazinth, glaubſt du wirklich, daß dein Pulver wirken wird?
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0332"n="324"/><lgtype="poem"><l>Sie ſingt des Nachts auf dem Granatbaum dort;</l><lb/><l>Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall.</l></lg><lb/><p>Das iſt ganz einerley — fuhr Hyacinth<lb/>
fort — meinethalben ein Kanarienvogel, die<lb/>
Voͤgel die man im Garten haͤlt, koſten am we¬<lb/>
nigſten. Die Hauptſache iſt das Treibhaus, und<lb/>
die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren,<lb/>
die davor ſtehen, und da ſtehen, zum Beyſpiel,<lb/>
ein nackter General von den Goͤttern und die<lb/>
Venus Urinia, die beide drey hundert Mark<lb/>
koſten. Mitten im Garten hat ſich die Gudel<lb/>
auch eine Fontenelle anlegen laſſen — Und da<lb/>ſteht ſie vielleicht jetzt und puhlt ſich die Naſe,<lb/>
und macht ſich ein Schwaͤrmereyvergnuͤgen, und<lb/>
denkt an mich — Ach!</p><lb/><p>Nach dieſem Seufzer erfolgte eine ſehnſuͤch¬<lb/>
tige Stille, die der Markeſe endlich unterbrach,<lb/>
mit der ſchmachtenden Frage: Sage mir auf<lb/>
deine Ehre, Hyazinth, glaubſt du wirklich, daß<lb/>
dein Pulver wirken wird?</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[324/0332]
Sie ſingt des Nachts auf dem Granatbaum dort;
Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall.
Das iſt ganz einerley — fuhr Hyacinth
fort — meinethalben ein Kanarienvogel, die
Voͤgel die man im Garten haͤlt, koſten am we¬
nigſten. Die Hauptſache iſt das Treibhaus, und
die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren,
die davor ſtehen, und da ſtehen, zum Beyſpiel,
ein nackter General von den Goͤttern und die
Venus Urinia, die beide drey hundert Mark
koſten. Mitten im Garten hat ſich die Gudel
auch eine Fontenelle anlegen laſſen — Und da
ſteht ſie vielleicht jetzt und puhlt ſich die Naſe,
und macht ſich ein Schwaͤrmereyvergnuͤgen, und
denkt an mich — Ach!
Nach dieſem Seufzer erfolgte eine ſehnſuͤch¬
tige Stille, die der Markeſe endlich unterbrach,
mit der ſchmachtenden Frage: Sage mir auf
deine Ehre, Hyazinth, glaubſt du wirklich, daß
dein Pulver wirken wird?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/332>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.