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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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weiß, Sie sehen gern schmachtend blaß aus,
und wenn Sie schmachtend blaß aussehen, sieht
man Sie gern.

Obgleich Hyazinth solchermaßen zuredete, und
schon das Pulver bereitete, hätte das doch wenig
gefruchtet, wenn nicht dem Markese plötzlich die
Stelle, wo Julia den verhängnißvollen Trank
einnimmt, in den Sinn gekommen wäre. Was
halten Sie Doktor -- rief er -- von der Müller
in Wien? Ich habe sie als Julia gesehen, und
Gott! Gott! wie spielt sie! Ich bin doch der
größte Enthusiast für die Crelinger, aber die
Müller, als sie den Becher austrank, hat mich
hingerissen. Sehen Sie -- sprach er, indem er
mit tragischer Geberde das Glas, worin Hya¬
zinth das Pulver geschüttet, zur Hand nahm --
sehen Sie, so hielt sie den Becher und schauderte,
daß man Alles mitfühlte wenn sie sagte:

Kalt rieselt matter Schau'r durch meine Adern,
Der fast die Lebenswärm' erstarren macht!


weiß, Sie ſehen gern ſchmachtend blaß aus,
und wenn Sie ſchmachtend blaß ausſehen, ſieht
man Sie gern.

Obgleich Hyazinth ſolchermaßen zuredete, und
ſchon das Pulver bereitete, haͤtte das doch wenig
gefruchtet, wenn nicht dem Markeſe ploͤtzlich die
Stelle, wo Julia den verhaͤngnißvollen Trank
einnimmt, in den Sinn gekommen waͤre. Was
halten Sie Doktor — rief er — von der Muͤller
in Wien? Ich habe ſie als Julia geſehen, und
Gott! Gott! wie ſpielt ſie! Ich bin doch der
groͤßte Enthuſiaſt fuͤr die Crelinger, aber die
Muͤller, als ſie den Becher austrank, hat mich
hingeriſſen. Sehen Sie — ſprach er, indem er
mit tragiſcher Geberde das Glas, worin Hya¬
zinth das Pulver geſchuͤttet, zur Hand nahm —
ſehen Sie, ſo hielt ſie den Becher und ſchauderte,
daß man Alles mitfuͤhlte wenn ſie ſagte:

Kalt rieſelt matter Schau'r durch meine Adern,
Der faſt die Lebenswaͤrm' erſtarren macht!


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[326/0334] weiß, Sie ſehen gern ſchmachtend blaß aus, und wenn Sie ſchmachtend blaß ausſehen, ſieht man Sie gern. Obgleich Hyazinth ſolchermaßen zuredete, und ſchon das Pulver bereitete, haͤtte das doch wenig gefruchtet, wenn nicht dem Markeſe ploͤtzlich die Stelle, wo Julia den verhaͤngnißvollen Trank einnimmt, in den Sinn gekommen waͤre. Was halten Sie Doktor — rief er — von der Muͤller in Wien? Ich habe ſie als Julia geſehen, und Gott! Gott! wie ſpielt ſie! Ich bin doch der groͤßte Enthuſiaſt fuͤr die Crelinger, aber die Muͤller, als ſie den Becher austrank, hat mich hingeriſſen. Sehen Sie — ſprach er, indem er mit tragiſcher Geberde das Glas, worin Hya¬ zinth das Pulver geſchuͤttet, zur Hand nahm — ſehen Sie, ſo hielt ſie den Becher und ſchauderte, daß man Alles mitfuͤhlte wenn ſie ſagte: Kalt rieſelt matter Schau'r durch meine Adern, Der faſt die Lebenswaͤrm' erſtarren macht!

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/334>, abgerufen am 24.11.2024.