dabey seufzte, ächzte und auf dem Sopha hin und herrutschend gleichsam mit dem Gesäße ko¬ kettirte. Hyazinth versäumte keineswegs, immer die Reime nachzuplappern, wenn er auch unge¬ hörige Bemerkungen dazwischen schwätzte. Den Oden schenkte er die meiste Aufmerksamkeit. Man kann bey dieser Sorte, sagte er, weit mehr ler¬ nen als bey Saunetten und Gaselen; da bey den Oden die Füße oben ganz besonders abge¬ druckt sind, kann man jedes Gedicht mit Be¬ quemlichkeit nachrechnen. Jeder Dichter sollte, wie der Graf Platen, bey seinen schwierigsten Poesiegedichten, die Füße oben drucken und zu den Leuten sagen: Seht ich bin ein ehrlicher Mann, ich will Euch nicht betrügen, diese krum¬ men und geraden Striche, die ich vor jedes Ge¬ dicht setze, sind so zu sagen ein Conto finto von jedem Gedicht, und Ihr könnt nachrechnen, wie viel Mühe es mich gekostet, sie sind, so zu sagen, das Ellenmaß von jedem Gedichte, und Ihr
dabey ſeufzte, aͤchzte und auf dem Sopha hin und herrutſchend gleichſam mit dem Geſaͤße ko¬ kettirte. Hyazinth verſaͤumte keineswegs, immer die Reime nachzuplappern, wenn er auch unge¬ hoͤrige Bemerkungen dazwiſchen ſchwaͤtzte. Den Oden ſchenkte er die meiſte Aufmerkſamkeit. Man kann bey dieſer Sorte, ſagte er, weit mehr ler¬ nen als bey Saunetten und Gaſelen; da bey den Oden die Fuͤße oben ganz beſonders abge¬ druckt ſind, kann man jedes Gedicht mit Be¬ quemlichkeit nachrechnen. Jeder Dichter ſollte, wie der Graf Platen, bey ſeinen ſchwierigſten Poeſiegedichten, die Fuͤße oben drucken und zu den Leuten ſagen: Seht ich bin ein ehrlicher Mann, ich will Euch nicht betruͤgen, dieſe krum¬ men und geraden Striche, die ich vor jedes Ge¬ dicht ſetze, ſind ſo zu ſagen ein Conto finto von jedem Gedicht, und Ihr koͤnnt nachrechnen, wie viel Muͤhe es mich gekoſtet, ſie ſind, ſo zu ſagen, das Ellenmaß von jedem Gedichte, und Ihr
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dabey ſeufzte, aͤchzte und auf dem Sopha hin
und herrutſchend gleichſam mit dem Geſaͤße ko¬
kettirte. Hyazinth verſaͤumte keineswegs, immer
die Reime nachzuplappern, wenn er auch unge¬
hoͤrige Bemerkungen dazwiſchen ſchwaͤtzte. Den
Oden ſchenkte er die meiſte Aufmerkſamkeit. Man
kann bey dieſer Sorte, ſagte er, weit mehr ler¬
nen als bey Saunetten und Gaſelen; da bey
den Oden die Fuͤße oben ganz beſonders abge¬
druckt ſind, kann man jedes Gedicht mit Be¬
quemlichkeit nachrechnen. Jeder Dichter ſollte,
wie der Graf Platen, bey ſeinen ſchwierigſten
Poeſiegedichten, die Fuͤße oben drucken und zu
den Leuten ſagen: Seht ich bin ein ehrlicher
Mann, ich will Euch nicht betruͤgen, dieſe krum¬
men und geraden Striche, die ich vor jedes Ge¬
dicht ſetze, ſind ſo zu ſagen ein Conto finto von
jedem Gedicht, und Ihr koͤnnt nachrechnen, wie
viel Muͤhe es mich gekoſtet, ſie ſind, ſo zu ſagen,
das Ellenmaß von jedem Gedichte, und Ihr
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/358>, abgerufen am 22.11.2024.
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