chen nicht wenig anzuekeln schienen, so daß sie sich mit Gewalt losriß, wenn der Eine sie hinten klätschelte, oder der Andere sie gar zu embrassiren suchte. Dabey rissen sie ihre rohesten Zoten, die das Mädchen, wie sie wußten, nicht umhin konnte anzuhören, da sie zur Aufwartung der Gäste und auch um mir den Tisch zu decken, im Zimmer bleiben mußte. Als jedoch die Un¬ gebühr ganz unleidlich wurde, ließ die junge Person plötzlich alles stehen und liegen, eilte zur Thür hinaus, und kam erst nach einigen Minu¬ ten ins Zimmer zurück, mit einem kleinen Kinde auf dem Arm, das sie die ganze Zeit auf dem Arm behielt, während sie im Gastzimmer ihre Geschäfte besorgte, obgleich ihr diese da¬ durch um so beschwerlicher wurden. Die beiden Cumpane aber, der geistliche und der adlige Herr, wagten keine einzige Belästigung mehr gegen das Mädchen, das jetzt ohne Unfreundlichkeit, jedoch mit seltsamen Ernst, sie bediente;-- das Gespräch
chen nicht wenig anzuekeln ſchienen, ſo daß ſie ſich mit Gewalt losriß, wenn der Eine ſie hinten klaͤtſchelte, oder der Andere ſie gar zu embraſſiren ſuchte. Dabey riſſen ſie ihre roheſten Zoten, die das Maͤdchen, wie ſie wußten, nicht umhin konnte anzuhoͤren, da ſie zur Aufwartung der Gaͤſte und auch um mir den Tiſch zu decken, im Zimmer bleiben mußte. Als jedoch die Un¬ gebuͤhr ganz unleidlich wurde, ließ die junge Perſon ploͤtzlich alles ſtehen und liegen, eilte zur Thuͤr hinaus, und kam erſt nach einigen Minu¬ ten ins Zimmer zuruͤck, mit einem kleinen Kinde auf dem Arm, das ſie die ganze Zeit auf dem Arm behielt, waͤhrend ſie im Gaſtzimmer ihre Geſchaͤfte beſorgte, obgleich ihr dieſe da¬ durch um ſo beſchwerlicher wurden. Die beiden Cumpane aber, der geiſtliche und der adlige Herr, wagten keine einzige Belaͤſtigung mehr gegen das Maͤdchen, das jetzt ohne Unfreundlichkeit, jedoch mit ſeltſamen Ernſt, ſie bediente;— das Geſpraͤch
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chen nicht wenig anzuekeln ſchienen, ſo daß ſie
ſich mit Gewalt losriß, wenn der Eine ſie hinten
klaͤtſchelte, oder der Andere ſie gar zu embraſſiren
ſuchte. Dabey riſſen ſie ihre roheſten Zoten,
die das Maͤdchen, wie ſie wußten, nicht umhin
konnte anzuhoͤren, da ſie zur Aufwartung der
Gaͤſte und auch um mir den Tiſch zu decken,
im Zimmer bleiben mußte. Als jedoch die Un¬
gebuͤhr ganz unleidlich wurde, ließ die junge
Perſon ploͤtzlich alles ſtehen und liegen, eilte zur
Thuͤr hinaus, und kam erſt nach einigen Minu¬
ten ins Zimmer zuruͤck, mit einem kleinen Kinde
auf dem Arm, das ſie die ganze Zeit auf
dem Arm behielt, waͤhrend ſie im Gaſtzimmer
ihre Geſchaͤfte beſorgte, obgleich ihr dieſe da¬
durch um ſo beſchwerlicher wurden. Die beiden
Cumpane aber, der geiſtliche und der adlige Herr,
wagten keine einzige Belaͤſtigung mehr gegen das
Maͤdchen, das jetzt ohne Unfreundlichkeit, jedoch
mit ſeltſamen Ernſt, ſie bediente;— das Geſpraͤch
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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