Sind dort nicht die Ruinen der alten Römer¬ gräber?
Ja, eben da sitzt der alte Mann, und vielleicht, Mathilde, verrichtet er eben sein Gebet, ein schau¬ riges Gebet, worinn er seine Leiden bejammert, und Völker anklagt, die längst von der Erde ver¬ schwunden sind, und nur noch in Ammenmährchen leben -- er aber, in seinem Schmerze, bemerkt kaum, daß er auf den Gräbern derjenigen Feinde sitzt, deren Untergang er vom Himmel erfleht.
Sind dort nicht die Ruinen der alten Roͤmer¬ graͤber?
Ja, eben da ſitzt der alte Mann, und vielleicht, Mathilde, verrichtet er eben ſein Gebet, ein ſchau¬ riges Gebet, worinn er ſeine Leiden bejammert, und Voͤlker anklagt, die laͤngſt von der Erde ver¬ ſchwunden ſind, und nur noch in Ammenmaͤhrchen leben — er aber, in ſeinem Schmerze, bemerkt kaum, daß er auf den Graͤbern derjenigen Feinde ſitzt, deren Untergang er vom Himmel erfleht.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0117"n="103"/><p>Sind dort nicht die Ruinen der alten Roͤmer¬<lb/>
graͤber?</p><lb/><p>Ja, eben da ſitzt der alte Mann, und vielleicht,<lb/>
Mathilde, verrichtet er eben ſein Gebet, ein ſchau¬<lb/>
riges Gebet, worinn er ſeine Leiden bejammert,<lb/>
und Voͤlker anklagt, die laͤngſt von der Erde ver¬<lb/>ſchwunden ſind, und nur noch in Ammenmaͤhrchen<lb/>
leben — er aber, in ſeinem Schmerze, bemerkt<lb/>
kaum, daß er auf den Graͤbern derjenigen Feinde<lb/>ſitzt, deren Untergang er vom Himmel erfleht.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[103/0117]
Sind dort nicht die Ruinen der alten Roͤmer¬
graͤber?
Ja, eben da ſitzt der alte Mann, und vielleicht,
Mathilde, verrichtet er eben ſein Gebet, ein ſchau¬
riges Gebet, worinn er ſeine Leiden bejammert,
und Voͤlker anklagt, die laͤngſt von der Erde ver¬
ſchwunden ſind, und nur noch in Ammenmaͤhrchen
leben — er aber, in ſeinem Schmerze, bemerkt
kaum, daß er auf den Graͤbern derjenigen Feinde
ſitzt, deren Untergang er vom Himmel erfleht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/117>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.