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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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Ob der liebe Gott es noch lange dulden wird,
daß die Pfaffen einen leidigen Popanz für ihn
ausgeben und damit Geld verdienen, das weiß ich
nicht; -- wenigstens würde ich mich nicht wundern,
wenn ich mahl im Hamb. Unpart. Correspondenten
läse: daß der alte Jehova jedermann warne, kei¬
nem Menschen, es sey wer es wolle, nicht einmal
seinem Sohne, auf seinen Namen Glauben zu
schenken. Ueberzeugt bin ich aber, wir werden's
mit der Zeit erleben, daß die Könige sich nicht mehr
hergeben wollen zu einer Schaupuppe ihrer adligen
Verächter, daß sie die Etiquetten brechen, ihren mar¬
mornen Buden entspringen, und unwillig von sich
werfen den glänzenden Plunder, der dem Volke
imponiren sollte, den rothen Mantel, der scharfrich¬
terlich abschreckte, den diamantenen Reif, den man
ihnen über die Ohren gezogen, um sie den Volks¬
stimmen zu versperren, den goldnen Stock, den
man ihnen als Scheinzeichen der Herrschaft in die
Hand gegeben -- und die befreyten Könige, wer¬

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Ob der liebe Gott es noch lange dulden wird,
daß die Pfaffen einen leidigen Popanz fuͤr ihn
ausgeben und damit Geld verdienen, das weiß ich
nicht; — wenigſtens wuͤrde ich mich nicht wundern,
wenn ich mahl im Hamb. Unpart. Correſpondenten
laͤſe: daß der alte Jehova jedermann warne, kei¬
nem Menſchen, es ſey wer es wolle, nicht einmal
ſeinem Sohne, auf ſeinen Namen Glauben zu
ſchenken. Ueberzeugt bin ich aber, wir werden's
mit der Zeit erleben, daß die Koͤnige ſich nicht mehr
hergeben wollen zu einer Schaupuppe ihrer adligen
Veraͤchter, daß ſie die Etiquetten brechen, ihren mar¬
mornen Buden entſpringen, und unwillig von ſich
werfen den glaͤnzenden Plunder, der dem Volke
imponiren ſollte, den rothen Mantel, der ſcharfrich¬
terlich abſchreckte, den diamantenen Reif, den man
ihnen uͤber die Ohren gezogen, um ſie den Volks¬
ſtimmen zu verſperren, den goldnen Stock, den
man ihnen als Scheinzeichen der Herrſchaft in die
Hand gegeben — und die befreyten Koͤnige, wer¬

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[113/0127] Ob der liebe Gott es noch lange dulden wird, daß die Pfaffen einen leidigen Popanz fuͤr ihn ausgeben und damit Geld verdienen, das weiß ich nicht; — wenigſtens wuͤrde ich mich nicht wundern, wenn ich mahl im Hamb. Unpart. Correſpondenten laͤſe: daß der alte Jehova jedermann warne, kei¬ nem Menſchen, es ſey wer es wolle, nicht einmal ſeinem Sohne, auf ſeinen Namen Glauben zu ſchenken. Ueberzeugt bin ich aber, wir werden's mit der Zeit erleben, daß die Koͤnige ſich nicht mehr hergeben wollen zu einer Schaupuppe ihrer adligen Veraͤchter, daß ſie die Etiquetten brechen, ihren mar¬ mornen Buden entſpringen, und unwillig von ſich werfen den glaͤnzenden Plunder, der dem Volke imponiren ſollte, den rothen Mantel, der ſcharfrich¬ terlich abſchreckte, den diamantenen Reif, den man ihnen uͤber die Ohren gezogen, um ſie den Volks¬ ſtimmen zu verſperren, den goldnen Stock, den man ihnen als Scheinzeichen der Herrſchaft in die Hand gegeben — und die befreyten Koͤnige, wer¬ 8

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/127>, abgerufen am 21.11.2024.