armseliger der Klepper, der ihn trug. Wir ver¬ achteten den niedrigen Pöbel, der den armen Hel¬ den so prügelroh behandelte, noch mehr aber den hohen Pöbel, der, geschmückt mit buntseidnen Mänteln, vornehmen Redensarten und Herzogs¬ titeln, einen Mann verhöhnte, der ihm an Gei¬ steskraft und Edelsinn so weit überlegen war. Dulcineas Ritter stieg immer höher in meiner Achtung, und gewann immer mehr meine Liebe je länger ich in dem wundersamen Buche las, was in demselben Garten täglich geschah, so daß ich schon im Herbste das Ende der Geschichte erreichte, -- und nie werde ich den Tag vergessen, wo ich von dem kummervollen Zweykampfe las, worinn der Ritter so schmählig unterliegen mußte! Es war ein trüber Tag, häßliche Nebelwolken zogen dem grauen Himmel entlang, die gelben Blätter fielen schmerzlich von den Bäumen, schwere Thränentropfen hingen an den letzten Blumen, die gar traurig welk die sterbenden Köpfchen senk¬
armſeliger der Klepper, der ihn trug. Wir ver¬ achteten den niedrigen Poͤbel, der den armen Hel¬ den ſo pruͤgelroh behandelte, noch mehr aber den hohen Poͤbel, der, geſchmuͤckt mit buntſeidnen Maͤnteln, vornehmen Redensarten und Herzogs¬ titeln, einen Mann verhoͤhnte, der ihm an Gei¬ ſteskraft und Edelſinn ſo weit uͤberlegen war. Dulcineas Ritter ſtieg immer hoͤher in meiner Achtung, und gewann immer mehr meine Liebe je laͤnger ich in dem wunderſamen Buche las, was in demſelben Garten taͤglich geſchah, ſo daß ich ſchon im Herbſte das Ende der Geſchichte erreichte, — und nie werde ich den Tag vergeſſen, wo ich von dem kummervollen Zweykampfe las, worinn der Ritter ſo ſchmaͤhlig unterliegen mußte! Es war ein truͤber Tag, haͤßliche Nebelwolken zogen dem grauen Himmel entlang, die gelben Blaͤtter fielen ſchmerzlich von den Baͤumen, ſchwere Thraͤnentropfen hingen an den letzten Blumen, die gar traurig welk die ſterbenden Koͤpfchen ſenk¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0137"n="123"/>
armſeliger der Klepper, der ihn trug. Wir ver¬<lb/>
achteten den niedrigen Poͤbel, der den armen Hel¬<lb/>
den ſo pruͤgelroh behandelte, noch mehr aber den<lb/>
hohen Poͤbel, der, geſchmuͤckt mit buntſeidnen<lb/>
Maͤnteln, vornehmen Redensarten und Herzogs¬<lb/>
titeln, einen Mann verhoͤhnte, der ihm an Gei¬<lb/>ſteskraft und Edelſinn ſo weit uͤberlegen war.<lb/>
Dulcineas Ritter ſtieg immer hoͤher in meiner<lb/>
Achtung, und gewann immer mehr meine Liebe<lb/>
je laͤnger ich in dem wunderſamen Buche las,<lb/>
was in demſelben Garten taͤglich geſchah, ſo daß<lb/>
ich ſchon im Herbſte das Ende der Geſchichte<lb/>
erreichte, — und nie werde ich den Tag vergeſſen,<lb/>
wo ich von dem kummervollen Zweykampfe las,<lb/>
worinn der Ritter ſo ſchmaͤhlig unterliegen mußte!<lb/>
Es war ein truͤber Tag, haͤßliche Nebelwolken<lb/>
zogen dem grauen Himmel entlang, die gelben<lb/>
Blaͤtter fielen ſchmerzlich von den Baͤumen, ſchwere<lb/>
Thraͤnentropfen hingen an den letzten Blumen,<lb/>
die gar traurig welk die ſterbenden Koͤpfchen ſenk¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[123/0137]
armſeliger der Klepper, der ihn trug. Wir ver¬
achteten den niedrigen Poͤbel, der den armen Hel¬
den ſo pruͤgelroh behandelte, noch mehr aber den
hohen Poͤbel, der, geſchmuͤckt mit buntſeidnen
Maͤnteln, vornehmen Redensarten und Herzogs¬
titeln, einen Mann verhoͤhnte, der ihm an Gei¬
ſteskraft und Edelſinn ſo weit uͤberlegen war.
Dulcineas Ritter ſtieg immer hoͤher in meiner
Achtung, und gewann immer mehr meine Liebe
je laͤnger ich in dem wunderſamen Buche las,
was in demſelben Garten taͤglich geſchah, ſo daß
ich ſchon im Herbſte das Ende der Geſchichte
erreichte, — und nie werde ich den Tag vergeſſen,
wo ich von dem kummervollen Zweykampfe las,
worinn der Ritter ſo ſchmaͤhlig unterliegen mußte!
Es war ein truͤber Tag, haͤßliche Nebelwolken
zogen dem grauen Himmel entlang, die gelben
Blaͤtter fielen ſchmerzlich von den Baͤumen, ſchwere
Thraͤnentropfen hingen an den letzten Blumen,
die gar traurig welk die ſterbenden Koͤpfchen ſenk¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/137>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.