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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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von Furcht und Unterwürfigkeit: es ist das lose,
hängende Vorbeugen des Leibes, bey einem Rin¬
ger, der die Gelegenheit erspäht, wo er seinen
Gegner desto gewaltsamer umwinden kann, es ist
das Zurückspringen des Tigers, der gleich darauf
mit desto sicherern Krallen auf seine Beute los¬
stürzt, es ist das Zeichen, daß Heinrich Broug¬
ham seine ganze Rüstung anlegt und seine mäch¬
tigste Waffe ergreift. In seinen Argumenten war
er klar und überzeugend; in seiner Beschwörung
der Leidenschaften war er zwar etwas hochmüthig,
doch auch mächtig und siegreich; jetzt aber legt er
den letzten, ungeheuersten Pfeil auf seinen Bogen
-- er wird fürchterlich in seinen Invektiven.
Wehe dem Manne, dem jenes Auge, das vorher
so ruhig und blau war, jetzt entgegenflammt aus
dem geheimnißvollen Dunkel dieser zusammengezog¬
nen Brauen! Wehe dem Wicht, dem diese halb¬
geflüsterten Worte ein Vorzeichen sind von dem
Unheil, das über ihn heranschwebt!

von Furcht und Unterwuͤrfigkeit: es iſt das loſe,
haͤngende Vorbeugen des Leibes, bey einem Rin¬
ger, der die Gelegenheit erſpaͤht, wo er ſeinen
Gegner deſto gewaltſamer umwinden kann, es iſt
das Zuruͤckſpringen des Tigers, der gleich darauf
mit deſto ſicherern Krallen auf ſeine Beute los¬
ſtuͤrzt, es iſt das Zeichen, daß Heinrich Broug¬
ham ſeine ganze Ruͤſtung anlegt und ſeine maͤch¬
tigſte Waffe ergreift. In ſeinen Argumenten war
er klar und uͤberzeugend; in ſeiner Beſchwoͤrung
der Leidenſchaften war er zwar etwas hochmuͤthig,
doch auch maͤchtig und ſiegreich; jetzt aber legt er
den letzten, ungeheuerſten Pfeil auf ſeinen Bogen
— er wird fuͤrchterlich in ſeinen Invektiven.
Wehe dem Manne, dem jenes Auge, das vorher
ſo ruhig und blau war, jetzt entgegenflammt aus
dem geheimnißvollen Dunkel dieſer zuſammengezog¬
nen Brauen! Wehe dem Wicht, dem dieſe halb¬
gefluͤſterten Worte ein Vorzeichen ſind von dem
Unheil, das uͤber ihn heranſchwebt!

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[262/0276] von Furcht und Unterwuͤrfigkeit: es iſt das loſe, haͤngende Vorbeugen des Leibes, bey einem Rin¬ ger, der die Gelegenheit erſpaͤht, wo er ſeinen Gegner deſto gewaltſamer umwinden kann, es iſt das Zuruͤckſpringen des Tigers, der gleich darauf mit deſto ſicherern Krallen auf ſeine Beute los¬ ſtuͤrzt, es iſt das Zeichen, daß Heinrich Broug¬ ham ſeine ganze Ruͤſtung anlegt und ſeine maͤch¬ tigſte Waffe ergreift. In ſeinen Argumenten war er klar und uͤberzeugend; in ſeiner Beſchwoͤrung der Leidenſchaften war er zwar etwas hochmuͤthig, doch auch maͤchtig und ſiegreich; jetzt aber legt er den letzten, ungeheuerſten Pfeil auf ſeinen Bogen — er wird fuͤrchterlich in ſeinen Invektiven. Wehe dem Manne, dem jenes Auge, das vorher ſo ruhig und blau war, jetzt entgegenflammt aus dem geheimnißvollen Dunkel dieſer zuſammengezog¬ nen Brauen! Wehe dem Wicht, dem dieſe halb¬ gefluͤſterten Worte ein Vorzeichen ſind von dem Unheil, das uͤber ihn heranſchwebt!

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/276>, abgerufen am 29.11.2024.