Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

oft geschieht, den Namen Guy Fawkes erwähnt,
rufen sie ängstlich: hear-him! hear-him! Was
endlich den Rector von Göttingen betrifft, der in
London eine Anstellung als König von England
hat, so kennt jeder seine Mäßigkeitspolitik: er er¬
klärt sich für keine von beiden Partheyen, er sieht
gern, daß sie sich bei ihren Kämpfen wechselseitig
schwächen, er lächelt nach herkömmlicher Weise,
wenn sie friedlich bei ihm kouren, er weiß Alles
und thut Nichts, und verläßt sich im schlimmsten
Fall auf seinen Oberschnurren Wellington.

Man verzeihe mir, daß ich in flipprigem Tone
eine Streitfrage behandle, von deren Lösung das
Wohl Englands und daher vielleicht mittelbar das
Wohl der Welt abhängt. Aber eben, je wichtiger
ein Gegenstand ist, desto lustiger muß man ihn
behandeln; das blutige Gemetzel der Schlachten,
das schaurige Sichelwetzen des Todes wäre nicht
zu ertragen, erklänge nicht dabei die betäubende
türkische Musik mit ihren freudigen Pauken und

oft geſchieht, den Namen Guy Fawkes erwaͤhnt,
rufen ſie aͤngſtlich: hear-him! hear-him! Was
endlich den Rector von Goͤttingen betrifft, der in
London eine Anſtellung als Koͤnig von England
hat, ſo kennt jeder ſeine Maͤßigkeitspolitik: er er¬
klaͤrt ſich fuͤr keine von beiden Partheyen, er ſieht
gern, daß ſie ſich bei ihren Kaͤmpfen wechſelſeitig
ſchwaͤchen, er laͤchelt nach herkoͤmmlicher Weiſe,
wenn ſie friedlich bei ihm kouren, er weiß Alles
und thut Nichts, und verlaͤßt ſich im ſchlimmſten
Fall auf ſeinen Oberſchnurren Wellington.

Man verzeihe mir, daß ich in flipprigem Tone
eine Streitfrage behandle, von deren Loͤſung das
Wohl Englands und daher vielleicht mittelbar das
Wohl der Welt abhaͤngt. Aber eben, je wichtiger
ein Gegenſtand iſt, deſto luſtiger muß man ihn
behandeln; das blutige Gemetzel der Schlachten,
das ſchaurige Sichelwetzen des Todes waͤre nicht
zu ertragen, erklaͤnge nicht dabei die betaͤubende
tuͤrkiſche Muſik mit ihren freudigen Pauken und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0290" n="276"/>
oft ge&#x017F;chieht, den Namen Guy Fawkes erwa&#x0364;hnt,<lb/>
rufen &#x017F;ie a&#x0364;ng&#x017F;tlich: <hi rendition="#aq">hear</hi>-<hi rendition="#aq">him</hi>! <hi rendition="#aq">hear</hi>-<hi rendition="#aq">him</hi>! Was<lb/>
endlich den Rector von Go&#x0364;ttingen betrifft, der in<lb/>
London eine An&#x017F;tellung als Ko&#x0364;nig von England<lb/>
hat, &#x017F;o kennt jeder &#x017F;eine Ma&#x0364;ßigkeitspolitik: er er¬<lb/>
kla&#x0364;rt &#x017F;ich fu&#x0364;r keine von beiden Partheyen, er &#x017F;ieht<lb/>
gern, daß &#x017F;ie &#x017F;ich bei ihren Ka&#x0364;mpfen wech&#x017F;el&#x017F;eitig<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;chen, er la&#x0364;chelt nach herko&#x0364;mmlicher Wei&#x017F;e,<lb/>
wenn &#x017F;ie friedlich bei ihm kouren, er weiß Alles<lb/>
und thut Nichts, und verla&#x0364;ßt &#x017F;ich im &#x017F;chlimm&#x017F;ten<lb/>
Fall auf &#x017F;einen Ober&#x017F;chnurren Wellington.</p><lb/>
          <p>Man verzeihe mir, daß ich in flipprigem Tone<lb/>
eine Streitfrage behandle, von deren Lo&#x0364;&#x017F;ung das<lb/>
Wohl Englands und daher vielleicht mittelbar das<lb/>
Wohl der Welt abha&#x0364;ngt. Aber eben, je wichtiger<lb/>
ein Gegen&#x017F;tand i&#x017F;t, de&#x017F;to lu&#x017F;tiger muß man ihn<lb/>
behandeln; das blutige Gemetzel der Schlachten,<lb/>
das &#x017F;chaurige Sichelwetzen des Todes wa&#x0364;re nicht<lb/>
zu ertragen, erkla&#x0364;nge nicht dabei die beta&#x0364;ubende<lb/>
tu&#x0364;rki&#x017F;che Mu&#x017F;ik mit ihren freudigen Pauken und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0290] oft geſchieht, den Namen Guy Fawkes erwaͤhnt, rufen ſie aͤngſtlich: hear-him! hear-him! Was endlich den Rector von Goͤttingen betrifft, der in London eine Anſtellung als Koͤnig von England hat, ſo kennt jeder ſeine Maͤßigkeitspolitik: er er¬ klaͤrt ſich fuͤr keine von beiden Partheyen, er ſieht gern, daß ſie ſich bei ihren Kaͤmpfen wechſelſeitig ſchwaͤchen, er laͤchelt nach herkoͤmmlicher Weiſe, wenn ſie friedlich bei ihm kouren, er weiß Alles und thut Nichts, und verlaͤßt ſich im ſchlimmſten Fall auf ſeinen Oberſchnurren Wellington. Man verzeihe mir, daß ich in flipprigem Tone eine Streitfrage behandle, von deren Loͤſung das Wohl Englands und daher vielleicht mittelbar das Wohl der Welt abhaͤngt. Aber eben, je wichtiger ein Gegenſtand iſt, deſto luſtiger muß man ihn behandeln; das blutige Gemetzel der Schlachten, das ſchaurige Sichelwetzen des Todes waͤre nicht zu ertragen, erklaͤnge nicht dabei die betaͤubende tuͤrkiſche Muſik mit ihren freudigen Pauken und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/290
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/290>, abgerufen am 24.11.2024.