Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Ach! gilt doch der Kampf auch jenen Erbfein¬
den der Wahrheit, die so schlau den guten Leu¬
mund ihrer Gegner zu vergiften wissen, und die
sogar jenen ersten Bergprediger, den reinsten Frey¬
heitshelden, herabzuwürdigen wußten; denn als
sie nicht läugnen konnten, daß er der größte Mensch
sey, machten sie ihn zum kleinsten Gotte. Wer
mit Pfaffen kämpft, der mache sich darauf gefaßt,
daß der beste Lug und die triftigsten Verläumdun¬
gen seinen armen guten Namen zerfetzen und
schwärzen werden. Aber gleich wie man jene
Fahnen, die in der Schlacht am meisten von den
Kugeln zerfetzt und von Pulverdampf geschwärzt
worden, höher ehrt als die blanksten und gesünde¬
sten Rekrutenfahnen, und wie man sie endlich als
Nazionalreliquien in den Domen aufstellt: so
werden einst die Namen unserer Helden, jemehr
sie zerfetzt und angeschwärzt worden, um so enthu¬
siastischer verehrt werden, in der heiligen Genofeva¬
kirche der Freyheit.

Ach! gilt doch der Kampf auch jenen Erbfein¬
den der Wahrheit, die ſo ſchlau den guten Leu¬
mund ihrer Gegner zu vergiften wiſſen, und die
ſogar jenen erſten Bergprediger, den reinſten Frey¬
heitshelden, herabzuwuͤrdigen wußten; denn als
ſie nicht laͤugnen konnten, daß er der groͤßte Menſch
ſey, machten ſie ihn zum kleinſten Gotte. Wer
mit Pfaffen kaͤmpft, der mache ſich darauf gefaßt,
daß der beſte Lug und die triftigſten Verlaͤumdun¬
gen ſeinen armen guten Namen zerfetzen und
ſchwaͤrzen werden. Aber gleich wie man jene
Fahnen, die in der Schlacht am meiſten von den
Kugeln zerfetzt und von Pulverdampf geſchwaͤrzt
worden, hoͤher ehrt als die blankſten und geſuͤnde¬
ſten Rekrutenfahnen, und wie man ſie endlich als
Nazionalreliquien in den Domen aufſtellt: ſo
werden einſt die Namen unſerer Helden, jemehr
ſie zerfetzt und angeſchwaͤrzt worden, um ſo enthu¬
ſiaſtiſcher verehrt werden, in der heiligen Genofeva¬
kirche der Freyheit.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0323" n="309"/>
          <p>Ach! gilt doch der Kampf auch jenen Erbfein¬<lb/>
den der Wahrheit, die &#x017F;o &#x017F;chlau den guten Leu¬<lb/>
mund ihrer Gegner zu vergiften wi&#x017F;&#x017F;en, und die<lb/>
&#x017F;ogar jenen er&#x017F;ten Bergprediger, den rein&#x017F;ten Frey¬<lb/>
heitshelden, herabzuwu&#x0364;rdigen wußten; denn als<lb/>
&#x017F;ie nicht la&#x0364;ugnen konnten, daß er der gro&#x0364;ßte Men&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;ey, machten &#x017F;ie ihn zum klein&#x017F;ten Gotte. Wer<lb/>
mit Pfaffen ka&#x0364;mpft, der mache &#x017F;ich darauf gefaßt,<lb/>
daß der be&#x017F;te Lug und die triftig&#x017F;ten Verla&#x0364;umdun¬<lb/>
gen &#x017F;einen armen guten Namen zerfetzen und<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;rzen werden. Aber gleich wie man jene<lb/>
Fahnen, die in der Schlacht am mei&#x017F;ten von den<lb/>
Kugeln zerfetzt und von Pulverdampf ge&#x017F;chwa&#x0364;rzt<lb/>
worden, ho&#x0364;her ehrt als die blank&#x017F;ten und ge&#x017F;u&#x0364;nde¬<lb/>
&#x017F;ten Rekrutenfahnen, und wie man &#x017F;ie endlich als<lb/>
Nazionalreliquien in den Domen auf&#x017F;tellt: &#x017F;o<lb/>
werden ein&#x017F;t die Namen un&#x017F;erer Helden, jemehr<lb/>
&#x017F;ie zerfetzt und ange&#x017F;chwa&#x0364;rzt worden, um &#x017F;o enthu¬<lb/>
&#x017F;ia&#x017F;ti&#x017F;cher verehrt werden, in der heiligen Genofeva¬<lb/>
kirche der Freyheit.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0323] Ach! gilt doch der Kampf auch jenen Erbfein¬ den der Wahrheit, die ſo ſchlau den guten Leu¬ mund ihrer Gegner zu vergiften wiſſen, und die ſogar jenen erſten Bergprediger, den reinſten Frey¬ heitshelden, herabzuwuͤrdigen wußten; denn als ſie nicht laͤugnen konnten, daß er der groͤßte Menſch ſey, machten ſie ihn zum kleinſten Gotte. Wer mit Pfaffen kaͤmpft, der mache ſich darauf gefaßt, daß der beſte Lug und die triftigſten Verlaͤumdun¬ gen ſeinen armen guten Namen zerfetzen und ſchwaͤrzen werden. Aber gleich wie man jene Fahnen, die in der Schlacht am meiſten von den Kugeln zerfetzt und von Pulverdampf geſchwaͤrzt worden, hoͤher ehrt als die blankſten und geſuͤnde¬ ſten Rekrutenfahnen, und wie man ſie endlich als Nazionalreliquien in den Domen aufſtellt: ſo werden einſt die Namen unſerer Helden, jemehr ſie zerfetzt und angeſchwaͤrzt worden, um ſo enthu¬ ſiaſtiſcher verehrt werden, in der heiligen Genofeva¬ kirche der Freyheit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/323
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/323>, abgerufen am 23.11.2024.