Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermährchen. Hamburg, 1844.Mir schwanden die Sinne, und als ich aufschlug Die Augen, saß ich an der Seite Der Göttin noch immer, es lehnte mein Haupt An ihre Brust, die breite. Es blitzte ihr Blick, es glühte ihr Mund, Es zuckten die Nüstern der Nase, Bachantisch umschlang sie den Dichter und sang Mit schauerlich wilder Extase: "Bleib bei mir in Hamburg, ich liebe dich, Wir wollen trinken und essen Den Wein und die Austern der Gegenwart, Und die dunkle Zukunft vergessen. "Den Deckel darauf! damit uns nicht
Der Mißduft die Freude vertrübet -- Ich liebe dich, wie je ein Weib Einen deutschen Poeten geliebet! Mir ſchwanden die Sinne, und als ich aufſchlug Die Augen, ſaß ich an der Seite Der Göttin noch immer, es lehnte mein Haupt An ihre Bruſt, die breite. Es blitzte ihr Blick, es glühte ihr Mund, Es zuckten die Nüſtern der Naſe, Bachantiſch umſchlang ſie den Dichter und ſang Mit ſchauerlich wilder Extaſe: „Bleib bei mir in Hamburg, ich liebe dich, Wir wollen trinken und eſſen Den Wein und die Auſtern der Gegenwart, Und die dunkle Zukunft vergeſſen. „Den Deckel darauf! damit uns nicht
Der Mißduft die Freude vertrübet — Ich liebe dich, wie je ein Weib Einen deutſchen Poeten geliebet! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0155" n="135"/> <lg n="16"> <l>Mir ſchwanden die Sinne, und als ich aufſchlug</l><lb/> <l>Die Augen, ſaß ich an der Seite</l><lb/> <l>Der Göttin noch immer, es lehnte mein Haupt</l><lb/> <l>An ihre Bruſt, die breite.</l><lb/> </lg> <lg n="17"> <l>Es blitzte ihr Blick, es glühte ihr Mund,</l><lb/> <l>Es zuckten die Nüſtern der Naſe,</l><lb/> <l>Bachantiſch umſchlang ſie den Dichter und ſang</l><lb/> <l>Mit ſchauerlich wilder Extaſe:</l><lb/> </lg> <lg n="18"> <l>„Bleib bei mir in Hamburg, ich liebe dich,</l><lb/> <l>Wir wollen trinken und eſſen</l><lb/> <l>Den Wein und die Auſtern der Gegenwart,</l><lb/> <l>Und die dunkle Zukunft vergeſſen.</l><lb/> </lg> <lg n="19"> <l>„Den Deckel darauf! damit uns nicht</l><lb/> <l>Der Mißduft die Freude vertrübet —</l><lb/> <l>Ich liebe dich, wie je ein Weib</l><lb/> <l>Einen deutſchen Poeten geliebet!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0155]
Mir ſchwanden die Sinne, und als ich aufſchlug
Die Augen, ſaß ich an der Seite
Der Göttin noch immer, es lehnte mein Haupt
An ihre Bruſt, die breite.
Es blitzte ihr Blick, es glühte ihr Mund,
Es zuckten die Nüſtern der Naſe,
Bachantiſch umſchlang ſie den Dichter und ſang
Mit ſchauerlich wilder Extaſe:
„Bleib bei mir in Hamburg, ich liebe dich,
Wir wollen trinken und eſſen
Den Wein und die Auſtern der Gegenwart,
Und die dunkle Zukunft vergeſſen.
„Den Deckel darauf! damit uns nicht
Der Mißduft die Freude vertrübet —
Ich liebe dich, wie je ein Weib
Einen deutſchen Poeten geliebet!
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