Citharra hervor, brachte sie leis in Stimmung, und sang, als sie aufhörten, nach einigen Grif- fen von ihrer traurigen Harmonie in eine fröh- lichre hinüber; "Wer seyd ihr süßen Sänger dort, die ihr mich so entzückend aus dem Schlafe weckt? habt Dank, habt Dank, daß ihr den Menschen so Freude macht, und ihr Herz rührt in der stillen Dämmerung."
"Wir sind Vater und Tochter, die ein hol- des Kind in Schlummer spielen, samt dem Gat- ten, den der heiße Tag abgemattet;" ertönte zur Antwort herüber, indem ein Alter mit langem Bart an den Bogen der Thür sich stellte.
"O ihr Glücklichen! verfolgt ich darauf, und sang von Begeisterung ergriffen, die Zeiten des Saturnus von Hesperien, wo alle so lebten; wo noch kein Phalaris die goldne Insel der drey Vorgebirge folterte, und keine Cäsarn mit Bür- gerblute die Felder düngten."
"Und
Citharra hervor, brachte ſie leis in Stimmung, und ſang, als ſie aufhoͤrten, nach einigen Grif- fen von ihrer traurigen Harmonie in eine froͤh- lichre hinuͤber; „Wer ſeyd ihr ſuͤßen Saͤnger dort, die ihr mich ſo entzuͤckend aus dem Schlafe weckt? habt Dank, habt Dank, daß ihr den Menſchen ſo Freude macht, und ihr Herz ruͤhrt in der ſtillen Daͤmmerung.“
„Wir ſind Vater und Tochter, die ein hol- des Kind in Schlummer ſpielen, ſamt dem Gat- ten, den der heiße Tag abgemattet;“ ertoͤnte zur Antwort heruͤber, indem ein Alter mit langem Bart an den Bogen der Thuͤr ſich ſtellte.
„O ihr Gluͤcklichen! verfolgt ich darauf, und ſang von Begeiſterung ergriffen, die Zeiten des Saturnus von Hesperien, wo alle ſo lebten; wo noch kein Phalaris die goldne Inſel der drey Vorgebirge folterte, und keine Caͤſarn mit Buͤr- gerblute die Felder duͤngten.“
„Und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0180"n="174"/><hirendition="#aq">Citharra</hi> hervor, brachte ſie leis in Stimmung,<lb/>
und ſang, als ſie aufhoͤrten, nach einigen Grif-<lb/>
fen von ihrer traurigen Harmonie in eine froͤh-<lb/>
lichre hinuͤber; „Wer ſeyd ihr ſuͤßen Saͤnger<lb/>
dort, die ihr mich ſo entzuͤckend aus dem Schlafe<lb/>
weckt? habt Dank, habt Dank, daß ihr den<lb/>
Menſchen ſo Freude macht, und ihr Herz ruͤhrt<lb/>
in der ſtillen Daͤmmerung.“</p><lb/><p>„Wir ſind Vater und Tochter, die ein hol-<lb/>
des Kind in Schlummer ſpielen, ſamt dem Gat-<lb/>
ten, den der heiße Tag abgemattet;“ ertoͤnte zur<lb/>
Antwort heruͤber, indem ein Alter mit langem<lb/>
Bart an den Bogen der Thuͤr ſich ſtellte.</p><lb/><p>„O ihr Gluͤcklichen! verfolgt ich darauf,<lb/>
und ſang von Begeiſterung ergriffen, die Zeiten<lb/>
des Saturnus von Hesperien, wo alle ſo lebten;<lb/>
wo noch kein Phalaris die goldne Inſel der drey<lb/>
Vorgebirge folterte, und keine Caͤſarn mit Buͤr-<lb/>
gerblute die Felder duͤngten.“</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">„Und</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[174/0180]
Citharra hervor, brachte ſie leis in Stimmung,
und ſang, als ſie aufhoͤrten, nach einigen Grif-
fen von ihrer traurigen Harmonie in eine froͤh-
lichre hinuͤber; „Wer ſeyd ihr ſuͤßen Saͤnger
dort, die ihr mich ſo entzuͤckend aus dem Schlafe
weckt? habt Dank, habt Dank, daß ihr den
Menſchen ſo Freude macht, und ihr Herz ruͤhrt
in der ſtillen Daͤmmerung.“
„Wir ſind Vater und Tochter, die ein hol-
des Kind in Schlummer ſpielen, ſamt dem Gat-
ten, den der heiße Tag abgemattet;“ ertoͤnte zur
Antwort heruͤber, indem ein Alter mit langem
Bart an den Bogen der Thuͤr ſich ſtellte.
„O ihr Gluͤcklichen! verfolgt ich darauf,
und ſang von Begeiſterung ergriffen, die Zeiten
des Saturnus von Hesperien, wo alle ſo lebten;
wo noch kein Phalaris die goldne Inſel der drey
Vorgebirge folterte, und keine Caͤſarn mit Buͤr-
gerblute die Felder duͤngten.“
„Und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/180>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.