glücklichen Lebens nicht werth, das er nun führe. Wie mir dieß in meinen Eingeweiden herumging, kannst du dir leicht vorstellen.
Der bildschöne Jüngling, welcher den Streit erregte, heißt Tolomei, ist ein weitläuf- tiger Anverwandter von ihm, Sohn eines griechischen Kaufmanns zu Brindisi, treibt hier die Mahlerey, und steht unter seiner Aufsicht.
Ich sah ihn mit einer schlanken Römerin tan- zen, und mußte lächeln, daß der holde Bube den alten strengen Michel Angelo so hart ange- griffen hatte; das Räthsel ließ sich nun leicht auflösen. Das süße Paar wallte in jeder Bewe- gung neue entzückende Schönheit von sich; der Knabe schien ein Mädchen, und die Jungfrau mit ihrem zündenden Blick ein verkleideter Jüng- ling. Die Menge stand umher, und kein Auge verwendete sich von ihnen aus den erheiterten Ge- sichtern.
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gluͤcklichen Lebens nicht werth, das er nun fuͤhre. Wie mir dieß in meinen Eingeweiden herumging, kannſt du dir leicht vorſtellen.
Der bildſchoͤne Juͤngling, welcher den Streit erregte, heißt Tolomei, iſt ein weitlaͤuf- tiger Anverwandter von ihm, Sohn eines griechiſchen Kaufmanns zu Brindiſi, treibt hier die Mahlerey, und ſteht unter ſeiner Aufſicht.
Ich ſah ihn mit einer ſchlanken Roͤmerin tan- zen, und mußte laͤcheln, daß der holde Bube den alten ſtrengen Michel Angelo ſo hart ange- griffen hatte; das Raͤthſel ließ ſich nun leicht aufloͤſen. Das ſuͤße Paar wallte in jeder Bewe- gung neue entzuͤckende Schoͤnheit von ſich; der Knabe ſchien ein Maͤdchen, und die Jungfrau mit ihrem zuͤndenden Blick ein verkleideter Juͤng- ling. Die Menge ſtand umher, und kein Auge verwendete ſich von ihnen aus den erheiterten Ge- ſichtern.
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gluͤcklichen Lebens nicht werth, das er nun fuͤhre.
Wie mir dieß in meinen Eingeweiden herumging,
kannſt du dir leicht vorſtellen.
Der bildſchoͤne Juͤngling, welcher den
Streit erregte, heißt Tolomei, iſt ein weitlaͤuf-
tiger Anverwandter von ihm, Sohn eines
griechiſchen Kaufmanns zu Brindiſi, treibt hier
die Mahlerey, und ſteht unter ſeiner Aufſicht.
Ich ſah ihn mit einer ſchlanken Roͤmerin tan-
zen, und mußte laͤcheln, daß der holde Bube
den alten ſtrengen Michel Angelo ſo hart ange-
griffen hatte; das Raͤthſel ließ ſich nun leicht
aufloͤſen. Das ſuͤße Paar wallte in jeder Bewe-
gung neue entzuͤckende Schoͤnheit von ſich; der
Knabe ſchien ein Maͤdchen, und die Jungfrau
mit ihrem zuͤndenden Blick ein verkleideter Juͤng-
ling. Die Menge ſtand umher, und kein Auge
verwendete ſich von ihnen aus den erheiterten Ge-
ſichtern.
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/399>, abgerufen am 22.11.2024.
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