Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

"Dem Plato, Aristoteles, und andern
Denkern aber war damit wenig gedient, und sie
gingen so weit, als sie nur vermochten. Jener
sprach über den allgemeinen Verstand in erhab-
nen Dichtungen; und der kühne Titan von Sta-
gira belagerte regelmäßig endlich nach den fein-
sten Erfindungen der scharfsinnigsten Taktik; und
seine Anhänger behaupten, er sey in die innerste
Festung eingedrungen. Darauf und daran muß
der herrliche, der in so vielem andern an der
Spitze der Menschheit stand, gewiß gewesen
seyn."

"Plato schreibt noch am Ende seiner Tage
den Gestirnen den höchsten Verstand zu. An-
fangs bedacht er sich lang über die Sonne; und
konnte nur damit nicht ins Reine kommen, wie
wir lebten, und so hell im Geiste sähen, wann
sie unterginge und es Nacht wäre *). Daß

alles
*) Sieh eben seinen Kratylos.
J 5

„Dem Plato, Ariſtoteles, und andern
Denkern aber war damit wenig gedient, und ſie
gingen ſo weit, als ſie nur vermochten. Jener
ſprach uͤber den allgemeinen Verſtand in erhab-
nen Dichtungen; und der kuͤhne Titan von Sta-
gira belagerte regelmaͤßig endlich nach den fein-
ſten Erfindungen der ſcharfſinnigſten Taktik; und
ſeine Anhaͤnger behaupten, er ſey in die innerſte
Feſtung eingedrungen. Darauf und daran muß
der herrliche, der in ſo vielem andern an der
Spitze der Menſchheit ſtand, gewiß geweſen
ſeyn.“

„Plato ſchreibt noch am Ende ſeiner Tage
den Geſtirnen den hoͤchſten Verſtand zu. An-
fangs bedacht er ſich lang uͤber die Sonne; und
konnte nur damit nicht ins Reine kommen, wie
wir lebten, und ſo hell im Geiſte ſaͤhen, wann
ſie unterginge und es Nacht waͤre *). Daß

alles
*) Sieh eben ſeinen Kratylos.
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0145" n="137"/>
          <p>&#x201E;Dem <hi rendition="#fr">Plato, Ari&#x017F;toteles</hi>, und andern<lb/>
Denkern aber war damit wenig gedient, und &#x017F;ie<lb/>
gingen &#x017F;o weit, als &#x017F;ie nur vermochten. Jener<lb/>
&#x017F;prach u&#x0364;ber den allgemeinen Ver&#x017F;tand in erhab-<lb/>
nen Dichtungen; und der ku&#x0364;hne Titan von Sta-<lb/>
gira belagerte regelma&#x0364;ßig endlich nach den fein-<lb/>
&#x017F;ten Erfindungen der &#x017F;charf&#x017F;innig&#x017F;ten Taktik; und<lb/>
&#x017F;eine Anha&#x0364;nger behaupten, er &#x017F;ey in die inner&#x017F;te<lb/>
Fe&#x017F;tung eingedrungen. Darauf und daran muß<lb/>
der herrliche, der in &#x017F;o vielem andern an der<lb/>
Spitze der Men&#x017F;chheit &#x017F;tand, gewiß gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eyn.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Plato &#x017F;chreibt noch am Ende &#x017F;einer Tage<lb/>
den Ge&#x017F;tirnen den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ver&#x017F;tand zu. An-<lb/>
fangs bedacht er &#x017F;ich lang u&#x0364;ber die Sonne; und<lb/>
konnte nur damit nicht ins Reine kommen, wie<lb/>
wir lebten, und &#x017F;o hell im Gei&#x017F;te &#x017F;a&#x0364;hen, wann<lb/>
&#x017F;ie unterginge und es Nacht wa&#x0364;re <note place="foot" n="*)">Sieh eben &#x017F;einen <hi rendition="#g">Kratylos</hi>.</note>. Daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 5</fw><fw place="bottom" type="catch">alles</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0145] „Dem Plato, Ariſtoteles, und andern Denkern aber war damit wenig gedient, und ſie gingen ſo weit, als ſie nur vermochten. Jener ſprach uͤber den allgemeinen Verſtand in erhab- nen Dichtungen; und der kuͤhne Titan von Sta- gira belagerte regelmaͤßig endlich nach den fein- ſten Erfindungen der ſcharfſinnigſten Taktik; und ſeine Anhaͤnger behaupten, er ſey in die innerſte Feſtung eingedrungen. Darauf und daran muß der herrliche, der in ſo vielem andern an der Spitze der Menſchheit ſtand, gewiß geweſen ſeyn.“ „Plato ſchreibt noch am Ende ſeiner Tage den Geſtirnen den hoͤchſten Verſtand zu. An- fangs bedacht er ſich lang uͤber die Sonne; und konnte nur damit nicht ins Reine kommen, wie wir lebten, und ſo hell im Geiſte ſaͤhen, wann ſie unterginge und es Nacht waͤre *). Daß alles *) Sieh eben ſeinen Kratylos. J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/145
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/145>, abgerufen am 21.11.2024.