Demetris Wangen wurden röther in diesem lyrischen Taumel; ich rief ihm zu: "Mäßigt eu- ren Schwung, wenn ich nachfolgen soll!"
"Etwas besonders, Adler oder Mensch, und zum Beyspiel Alexander zu seyn nach gewon- nenen Schlachten, fügt ich leise hinzu, macht doch auch große Freude, und kömmt einem an- genehmer vor, als wenn man sich zu unendlich kleinen Theilchen von Erde, Luft, und Wasser und Feuer denkt. Jedes einzelne Wesen wird seine Existenz bloß durch andre gewahr; je reiner es sich damit vereinigt: desto größer wahrschein- lich seine Glückseeligkeit. Alles in der Natur strebt deßwegen, sich in andres zu verbrei- ten."
Demetri. Bey solchem Einfachen gibts kein Theilchen; jedes, wenn man sich es auch denkt, gehört so zum Ganzen, daß das Ganze zusammengenommen nichts bessers ist. Das Theilchen ist wie das Ganze, und das Ganze
wie
K 5
Demetris Wangen wurden roͤther in dieſem lyriſchen Taumel; ich rief ihm zu: „Maͤßigt eu- ren Schwung, wenn ich nachfolgen ſoll!“
„Etwas beſonders, Adler oder Menſch, und zum Beyſpiel Alexander zu ſeyn nach gewon- nenen Schlachten, fuͤgt ich leiſe hinzu, macht doch auch große Freude, und koͤmmt einem an- genehmer vor, als wenn man ſich zu unendlich kleinen Theilchen von Erde, Luft, und Waſſer und Feuer denkt. Jedes einzelne Weſen wird ſeine Exiſtenz bloß durch andre gewahr; je reiner es ſich damit vereinigt: deſto groͤßer wahrſchein- lich ſeine Gluͤckſeeligkeit. Alles in der Natur ſtrebt deßwegen, ſich in andres zu verbrei- ten.“
Demetri. Bey ſolchem Einfachen gibts kein Theilchen; jedes, wenn man ſich es auch denkt, gehoͤrt ſo zum Ganzen, daß das Ganze zuſammengenommen nichts beſſers iſt. Das Theilchen iſt wie das Ganze, und das Ganze
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Demetris Wangen wurden roͤther in dieſem
lyriſchen Taumel; ich rief ihm zu: „Maͤßigt eu-
ren Schwung, wenn ich nachfolgen ſoll!“
„Etwas beſonders, Adler oder Menſch,
und zum Beyſpiel Alexander zu ſeyn nach gewon-
nenen Schlachten, fuͤgt ich leiſe hinzu, macht
doch auch große Freude, und koͤmmt einem an-
genehmer vor, als wenn man ſich zu unendlich
kleinen Theilchen von Erde, Luft, und Waſſer
und Feuer denkt. Jedes einzelne Weſen wird
ſeine Exiſtenz bloß durch andre gewahr; je reiner
es ſich damit vereinigt: deſto groͤßer wahrſchein-
lich ſeine Gluͤckſeeligkeit. Alles in der Natur
ſtrebt deßwegen, ſich in andres zu verbrei-
ten.“
Demetri. Bey ſolchem Einfachen gibts
kein Theilchen; jedes, wenn man ſich es auch
denkt, gehoͤrt ſo zum Ganzen, daß das Ganze
zuſammengenommen nichts beſſers iſt. Das
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/161>, abgerufen am 25.11.2024.
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