und allen Grund zu denken und zu handeln. Außer uns, Sonne, Mond und Sterne im unermeßlichen Aether, und Luft und Meer und Land voll unzehlbarer lebendiger Dinge.
Doch solche Menge Verschiedenheiten ent- deckt nur das Auge, unser reichster, aber auch flachster Sinn; wir haben einen andern, der tiefer dringt und zu einfachern kömmt, das Ge- fühl. Kein Thier kann ohne dasselbe, aber ohne die andern Sinnen bestehen.
Und dieser Sinn erkennt?
Warm, und Kalt, und Feucht, und Trocken.
Nichts weiter! denn alles Uebrige fällt in Eins von diesen; daraus besteht die unendliche Mannichfaltigkeit des Weltalls.
Doch werden wir auch mit diesem so mäch- tig ergreiffenden Sinne nur Oberflächen gewahr; allein tiefer in die Natur der Dinge können wir nicht eindringen, wenn wir nicht sie selbst werden.
Und
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und allen Grund zu denken und zu handeln. Außer uns, Sonne, Mond und Sterne im unermeßlichen Aether, und Luft und Meer und Land voll unzehlbarer lebendiger Dinge.
Doch ſolche Menge Verſchiedenheiten ent- deckt nur das Auge, unſer reichſter, aber auch flachſter Sinn; wir haben einen andern, der tiefer dringt und zu einfachern koͤmmt, das Ge- fuͤhl. Kein Thier kann ohne daſſelbe, aber ohne die andern Sinnen beſtehen.
Und dieſer Sinn erkennt?
Warm, und Kalt, und Feucht, und Trocken.
Nichts weiter! denn alles Uebrige faͤllt in Eins von dieſen; daraus beſteht die unendliche Mannichfaltigkeit des Weltalls.
Doch werden wir auch mit dieſem ſo maͤch- tig ergreiffenden Sinne nur Oberflaͤchen gewahr; allein tiefer in die Natur der Dinge koͤnnen wir nicht eindringen, wenn wir nicht ſie ſelbſt werden.
Und
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und allen Grund zu denken und zu handeln.
Außer uns, Sonne, Mond und Sterne im
unermeßlichen Aether, und Luft und Meer und
Land voll unzehlbarer lebendiger Dinge.
Doch ſolche Menge Verſchiedenheiten ent-
deckt nur das Auge, unſer reichſter, aber auch
flachſter Sinn; wir haben einen andern, der
tiefer dringt und zu einfachern koͤmmt, das Ge-
fuͤhl. Kein Thier kann ohne daſſelbe, aber ohne
die andern Sinnen beſtehen.
Und dieſer Sinn erkennt?
Warm, und Kalt, und Feucht, und
Trocken.
Nichts weiter! denn alles Uebrige faͤllt in
Eins von dieſen; daraus beſteht die unendliche
Mannichfaltigkeit des Weltalls.
Doch werden wir auch mit dieſem ſo maͤch-
tig ergreiffenden Sinne nur Oberflaͤchen gewahr;
allein tiefer in die Natur der Dinge koͤnnen wir
nicht eindringen, wenn wir nicht ſie ſelbſt werden.
Und
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/175>, abgerufen am 26.11.2024.
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