Durch Wirken und Gegenwirken ist das All in schönem Leben. Das Wesen äußert immer seine Kraft; so wie immer die Sterne leuchten, und um einander durch die Himmel schweben. Auch wann wir schlafen, bewegen wir unsern Erdball um seine Sonne. Wie vieles andre mag das Wesen in uns thun, ohne daß wir uns des- sen bewußt sind, und wofür die Sinnen keine Sprache haben! Unsre innige Vereinigung mit dem Ganzen herrscht immer fort, und wir sind nur zum Schein ein Theil davon; jedes beson- dre Ding ein Spiel, ein Muthwille des We- sens, und kann keinen Augenblick ohne das Gan- ze bestehen.
Das ist eine ganz andre Hofnung, Sicher- heit von Unsterblichkeit, wann ich Stürme durch die Athmosphäre brausen höre, und in mir füh- le: bald wirst auch du die Wogen wälzen, und mit dem Meer im Kampf seyn! Wann ich den Adler in den Lüften schweben sehe, und denke:
bald
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Durch Wirken und Gegenwirken iſt das All in ſchoͤnem Leben. Das Weſen aͤußert immer ſeine Kraft; ſo wie immer die Sterne leuchten, und um einander durch die Himmel ſchweben. Auch wann wir ſchlafen, bewegen wir unſern Erdball um ſeine Sonne. Wie vieles andre mag das Weſen in uns thun, ohne daß wir uns deſ- ſen bewußt ſind, und wofuͤr die Sinnen keine Sprache haben! Unſre innige Vereinigung mit dem Ganzen herrſcht immer fort, und wir ſind nur zum Schein ein Theil davon; jedes beſon- dre Ding ein Spiel, ein Muthwille des We- ſens, und kann keinen Augenblick ohne das Gan- ze beſtehen.
Das iſt eine ganz andre Hofnung, Sicher- heit von Unſterblichkeit, wann ich Stuͤrme durch die Athmoſphaͤre brauſen hoͤre, und in mir fuͤh- le: bald wirſt auch du die Wogen waͤlzen, und mit dem Meer im Kampf ſeyn! Wann ich den Adler in den Luͤften ſchweben ſehe, und denke:
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Durch Wirken und Gegenwirken iſt das All
in ſchoͤnem Leben. Das Weſen aͤußert immer
ſeine Kraft; ſo wie immer die Sterne leuchten,
und um einander durch die Himmel ſchweben.
Auch wann wir ſchlafen, bewegen wir unſern
Erdball um ſeine Sonne. Wie vieles andre mag
das Weſen in uns thun, ohne daß wir uns deſ-
ſen bewußt ſind, und wofuͤr die Sinnen keine
Sprache haben! Unſre innige Vereinigung mit
dem Ganzen herrſcht immer fort, und wir ſind
nur zum Schein ein Theil davon; jedes beſon-
dre Ding ein Spiel, ein Muthwille des We-
ſens, und kann keinen Augenblick ohne das Gan-
ze beſtehen.
Das iſt eine ganz andre Hofnung, Sicher-
heit von Unſterblichkeit, wann ich Stuͤrme durch
die Athmoſphaͤre brauſen hoͤre, und in mir fuͤh-
le: bald wirſt auch du die Wogen waͤlzen, und
mit dem Meer im Kampf ſeyn! Wann ich den
Adler in den Luͤften ſchweben ſehe, und denke:
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/237>, abgerufen am 21.11.2024.
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