Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im Jahr 1837. Königsberg, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

nachdem er zuvor, gemäss der frühern Gränz-
bestimmung, das Amt übernommen hätte. Es
sey erlaubt, mich selbst zum Beispiele anzu-
führen. Aus weiter Ferne bin ich gekommen,
ein Amt anzunehmen, ohne die mindeste Ah-
nung, es könne an dies Amt eine Zumuthung
geknüpft werden, in die Reihe der Verfas-
sungs-Wächter, -- falls es solche wirklich
giebt, einzutreten; und nichts ist gewisser, als
dass ich das mir angetragene Amt sogleich
würde ausgeschlagen haben, wenn sich etwas
der Art im mindesten hätte erwarten lassen.
Ein Amt muss innerhalb der Gränzen bleiben,
worin es übernommen wird; lässt man sich
eine Ausdehnung des Diensteides gefallen, so
geschieht dies in gutem Vertrauen, die we-
sentlichen Verpflichtungen werden sich darum
nicht ändern.

Aber die Ephoren freilich könnte man spa-
ren, wenn die Beamten verpflichtet wären, gar
nicht einmal auf die Ankündigung des Inter-
dicts zu warten. Man dürfte nur in den Dienst-
eid einen solchen Sinn hineinlegen, dass unter
gewissen Umständen Jeder Beamte zu Prote-
stationen verpflichtet wäre, deren Wirkung
auf ihn zurückfallend ihn ausser Thätigkeit
setzte. Wenn nun alle Beamte diese Verpflich-
tung treulich beobachteten, so wäre das Fich-

nachdem er zuvor, gemäss der frühern Gränz-
bestimmung, das Amt übernommen hätte. Es
sey erlaubt, mich selbst zum Beispiele anzu-
führen. Aus weiter Ferne bin ich gekommen,
ein Amt anzunehmen, ohne die mindeste Ah-
nung, es könne an dies Amt eine Zumuthung
geknüpft werden, in die Reihe der Verfas-
sungs-Wächter, — falls es solche wirklich
giebt, einzutreten; und nichts ist gewisser, als
dass ich das mir angetragene Amt sogleich
würde ausgeschlagen haben, wenn sich etwas
der Art im mindesten hätte erwarten lassen.
Ein Amt muss innerhalb der Gränzen bleiben,
worin es übernommen wird; lässt man sich
eine Ausdehnung des Diensteides gefallen, so
geschieht dies in gutem Vertrauen, die we-
sentlichen Verpflichtungen werden sich darum
nicht ändern.

Aber die Ephoren freilich könnte man spa-
ren, wenn die Beamten verpflichtet wären, gar
nicht einmal auf die Ankündigung des Inter-
dicts zu warten. Man dürfte nur in den Dienst-
eid einen solchen Sinn hineinlegen, dass unter
gewissen Umständen Jeder Beamte zu Prote-
stationen verpflichtet wäre, deren Wirkung
auf ihn zurückfallend ihn ausser Thätigkeit
setzte. Wenn nun alle Beamte diese Verpflich-
tung treulich beobachteten, so wäre das Fich-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="15"/>
nachdem er zuvor, gemäss der frühern Gränz-<lb/>
bestimmung, das Amt übernommen hätte. Es<lb/>
sey erlaubt, mich selbst zum Beispiele anzu-<lb/>
führen. Aus weiter Ferne bin ich gekommen,<lb/>
ein Amt anzunehmen, ohne die mindeste Ah-<lb/>
nung, es könne an dies Amt eine Zumuthung<lb/>
geknüpft werden, in die Reihe der Verfas-<lb/>
sungs-Wächter, &#x2014; falls es solche wirklich<lb/>
giebt, einzutreten; und nichts ist gewisser, als<lb/>
dass ich das mir angetragene Amt sogleich<lb/>
würde ausgeschlagen haben, wenn sich etwas<lb/>
der Art im mindesten hätte erwarten lassen.<lb/>
Ein Amt muss innerhalb der Gränzen bleiben,<lb/>
worin es übernommen wird; lässt man sich<lb/>
eine Ausdehnung des Diensteides gefallen, so<lb/>
geschieht dies in gutem Vertrauen, die we-<lb/>
sentlichen Verpflichtungen werden sich darum<lb/>
nicht ändern.</p><lb/>
        <p>Aber die Ephoren freilich könnte man spa-<lb/>
ren, wenn die Beamten verpflichtet wären, gar<lb/>
nicht einmal auf die Ankündigung des Inter-<lb/>
dicts zu warten. Man dürfte nur in den Dienst-<lb/>
eid einen solchen Sinn hineinlegen, dass unter<lb/>
gewissen Umständen Jeder Beamte zu Prote-<lb/>
stationen verpflichtet wäre, deren Wirkung<lb/>
auf ihn zurückfallend ihn ausser Thätigkeit<lb/>
setzte. Wenn nun alle Beamte diese Verpflich-<lb/>
tung treulich beobachteten, so wäre das Fich-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0019] nachdem er zuvor, gemäss der frühern Gränz- bestimmung, das Amt übernommen hätte. Es sey erlaubt, mich selbst zum Beispiele anzu- führen. Aus weiter Ferne bin ich gekommen, ein Amt anzunehmen, ohne die mindeste Ah- nung, es könne an dies Amt eine Zumuthung geknüpft werden, in die Reihe der Verfas- sungs-Wächter, — falls es solche wirklich giebt, einzutreten; und nichts ist gewisser, als dass ich das mir angetragene Amt sogleich würde ausgeschlagen haben, wenn sich etwas der Art im mindesten hätte erwarten lassen. Ein Amt muss innerhalb der Gränzen bleiben, worin es übernommen wird; lässt man sich eine Ausdehnung des Diensteides gefallen, so geschieht dies in gutem Vertrauen, die we- sentlichen Verpflichtungen werden sich darum nicht ändern. Aber die Ephoren freilich könnte man spa- ren, wenn die Beamten verpflichtet wären, gar nicht einmal auf die Ankündigung des Inter- dicts zu warten. Man dürfte nur in den Dienst- eid einen solchen Sinn hineinlegen, dass unter gewissen Umständen Jeder Beamte zu Prote- stationen verpflichtet wäre, deren Wirkung auf ihn zurückfallend ihn ausser Thätigkeit setzte. Wenn nun alle Beamte diese Verpflich- tung treulich beobachteten, so wäre das Fich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_goettingen_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_goettingen_1842/19
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im Jahr 1837. Königsberg, 1842, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_goettingen_1842/19>, abgerufen am 21.11.2024.