so bleibt die Hemmungssumme gleich, aber a trägt weni- ger davon, und wirft desto mehr auf die schwächeren Vorstellungen. Es wachse auch b, so vermehrt sich so- gar die Hemmungssumme, und die schwächeren müssen um so eher unterliegen.
Die Möglichkeit, dass mehr als drey Vorstellungen im Bewusstseyn zusammen bestehen könnten, scheint hiernach in sehr enge Gränzen eingeschlossen. Allein dies gilt bloss für vollen Gegensatz, und wird überdies noch durch manche Umstände modificirt.
Drittes Capitel. Abänderungen des Vorigen bey minderem Gegensatze.
§. 52.
Zwar das Princip zur Bestimmung der Hemmungs- summe, dessen wir uns im §. 42. bedient haben, wird uns auch hier nicht verlassen, wo wir die erleichternde Voraussetzung des vollen Gegensatzes entbehren, und zwischen jedem Paare von Vorstellungen jeden möglichen Grad des Gegensatzes gestatten sollen. Immer werden wir Eine Vorstellung als ganz ungehemmt denken müs- sen, um nachzusehn, wie viel nun von den übrigen zu- sammengenommen müsse gehemmt werden; und immer werden wir diejenige Vorstellung auszuwählen haben, welche, damit sie selbst ungehemmt bleibe, den übrigen die kleinste Hemmung auferlege. Allein das Geschäfft dieser Auswahl führt eine lästige Weitläuftigkeit mit sich; die wir jedoch der Genauigkeit wegen wenigstens kennt- lich machen müssen.
Zuvörderst ist zu bemerken, dass die frühere sehr einfache Weise, die bey vollem Gegensatze ausreicht,
so bleibt die Hemmungssumme gleich, aber a trägt weni- ger davon, und wirft desto mehr auf die schwächeren Vorstellungen. Es wachse auch b, so vermehrt sich so- gar die Hemmungssumme, und die schwächeren müssen um so eher unterliegen.
Die Möglichkeit, daſs mehr als drey Vorstellungen im Bewuſstseyn zusammen bestehen könnten, scheint hiernach in sehr enge Gränzen eingeschlossen. Allein dies gilt bloſs für vollen Gegensatz, und wird überdies noch durch manche Umstände modificirt.
Drittes Capitel. Abänderungen des Vorigen bey minderem Gegensatze.
§. 52.
Zwar das Princip zur Bestimmung der Hemmungs- summe, dessen wir uns im §. 42. bedient haben, wird uns auch hier nicht verlassen, wo wir die erleichternde Voraussetzung des vollen Gegensatzes entbehren, und zwischen jedem Paare von Vorstellungen jeden möglichen Grad des Gegensatzes gestatten sollen. Immer werden wir Eine Vorstellung als ganz ungehemmt denken müs- sen, um nachzusehn, wie viel nun von den übrigen zu- sammengenommen müsse gehemmt werden; und immer werden wir diejenige Vorstellung auszuwählen haben, welche, damit sie selbst ungehemmt bleibe, den übrigen die kleinste Hemmung auferlege. Allein das Geschäfft dieser Auswahl führt eine lästige Weitläuftigkeit mit sich; die wir jedoch der Genauigkeit wegen wenigstens kennt- lich machen müssen.
Zuvörderst ist zu bemerken, daſs die frühere sehr einfache Weise, die bey vollem Gegensatze ausreicht,
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[183/0203]
so bleibt die Hemmungssumme gleich, aber a trägt weni-
ger davon, und wirft desto mehr auf die schwächeren
Vorstellungen. Es wachse auch b, so vermehrt sich so-
gar die Hemmungssumme, und die schwächeren müssen
um so eher unterliegen.
Die Möglichkeit, daſs mehr als drey Vorstellungen
im Bewuſstseyn zusammen bestehen könnten, scheint
hiernach in sehr enge Gränzen eingeschlossen. Allein
dies gilt bloſs für vollen Gegensatz, und wird überdies
noch durch manche Umstände modificirt.
Drittes Capitel.
Abänderungen des Vorigen bey minderem
Gegensatze.
§. 52.
Zwar das Princip zur Bestimmung der Hemmungs-
summe, dessen wir uns im §. 42. bedient haben, wird
uns auch hier nicht verlassen, wo wir die erleichternde
Voraussetzung des vollen Gegensatzes entbehren, und
zwischen jedem Paare von Vorstellungen jeden möglichen
Grad des Gegensatzes gestatten sollen. Immer werden
wir Eine Vorstellung als ganz ungehemmt denken müs-
sen, um nachzusehn, wie viel nun von den übrigen zu-
sammengenommen müsse gehemmt werden; und immer
werden wir diejenige Vorstellung auszuwählen haben,
welche, damit sie selbst ungehemmt bleibe, den übrigen
die kleinste Hemmung auferlege. Allein das Geschäfft
dieser Auswahl führt eine lästige Weitläuftigkeit mit sich;
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Zuvörderst ist zu bemerken, daſs die frühere sehr
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/203>, abgerufen am 23.11.2024.
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