Endlich kommt noch die Beobachtung hinzu, dass in den allermeisten Fällen, Veränderungen erst dann er- folgen, wann die Dinge, die man als Ursachen derselben anzusehen sich berechtigt glaubt, den leidenden Gegen- ständen räumlich nahe gekommen sind. Dadurch wird der Raum zum Symbol der möglichen Gemein- schaft der Dinge im Causal-Verhältniss; indem alle Dinge, in so fern sie in Einem und demselben Raume sind, nur scheinen ihre Entfernungen durchlaufen zu müs- sen, um aufeinander wirken zu können. Aus der einmal angenommenen Möglichkeit des Wirkens folgt alsdann, dass die Dinge, für welche diese Möglichkeit vorausge- setzt wird, in dem Raume stets irgendwo seyn müssen. Der Gedanke, dass ein Ding sich aus diesem Raume gänzlich verlöre, dass es nirgends wäre, vernichtet den Weg, auf welchem herbeykommend, es zu den andern Dingen hingelangen muss, auf die es soll wirken können. So ergiebt sich nun ein vermeintlicher Grund der Noth- wendigkeit, dass in dem System der Dinge jedes einen Ort haben müsse, und dass, nirgends seyn, soviel heisse, als gar nicht seyn. Doch ist sogleich klar, dass statt des gar nicht seyn gesetzt werden sollte: für die übrigen Dinge so gut als nicht vorhanden seyn; welches letztere, jedoch unter vielen nähern Bestimmun- gen, auch in der Metaphysik als richtig erkannt wird.
§. 144.
Der Materie, sofern sie den Raum erfüllt, ist analog das Geschehen in der Zeit; und jeder, im Philosophiren nicht Ungeübte, wird sich sogleich der ähnlichen Dun- kelheiten in diesem und jenem erinnern. Dass aber beyde Begriffe, sammt ihren Schwierigkeiten, den gleichen psy- chologischen Ursprung haben, lässt sich erkennen aus den §§. 112. bis 115.
Zuvörderst müssen wir hier bemerken, dass die Ne- gation im Begriffe des Aufhörens, deren Entstehung wir im §. 115. noch vermissten, sich sehr leicht vermittelst der negativen Urtheile ergiebt, nach §. 123. Veranlassung
zu
Endlich kommt noch die Beobachtung hinzu, daſs in den allermeisten Fällen, Veränderungen erst dann er- folgen, wann die Dinge, die man als Ursachen derselben anzusehen sich berechtigt glaubt, den leidenden Gegen- ständen räumlich nahe gekommen sind. Dadurch wird der Raum zum Symbol der möglichen Gemein- schaft der Dinge im Causal-Verhältniſs; indem alle Dinge, in so fern sie in Einem und demselben Raume sind, nur scheinen ihre Entfernungen durchlaufen zu müs- sen, um aufeinander wirken zu können. Aus der einmal angenommenen Möglichkeit des Wirkens folgt alsdann, daſs die Dinge, für welche diese Möglichkeit vorausge- setzt wird, in dem Raume stets irgendwo seyn müssen. Der Gedanke, daſs ein Ding sich aus diesem Raume gänzlich verlöre, daſs es nirgends wäre, vernichtet den Weg, auf welchem herbeykommend, es zu den andern Dingen hingelangen muſs, auf die es soll wirken können. So ergiebt sich nun ein vermeintlicher Grund der Noth- wendigkeit, daſs in dem System der Dinge jedes einen Ort haben müsse, und daſs, nirgends seyn, soviel heiſse, als gar nicht seyn. Doch ist sogleich klar, daſs statt des gar nicht seyn gesetzt werden sollte: für die übrigen Dinge so gut als nicht vorhanden seyn; welches letztere, jedoch unter vielen nähern Bestimmun- gen, auch in der Metaphysik als richtig erkannt wird.
§. 144.
Der Materie, sofern sie den Raum erfüllt, ist analog das Geschehen in der Zeit; und jeder, im Philosophiren nicht Ungeübte, wird sich sogleich der ähnlichen Dun- kelheiten in diesem und jenem erinnern. Daſs aber beyde Begriffe, sammt ihren Schwierigkeiten, den gleichen psy- chologischen Ursprung haben, läſst sich erkennen aus den §§. 112. bis 115.
Zuvörderst müssen wir hier bemerken, daſs die Ne- gation im Begriffe des Aufhörens, deren Entstehung wir im §. 115. noch vermiſsten, sich sehr leicht vermittelst der negativen Urtheile ergiebt, nach §. 123. Veranlassung
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Endlich kommt noch die Beobachtung hinzu, daſs
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anzusehen sich berechtigt glaubt, den leidenden Gegen-
ständen räumlich nahe gekommen sind. Dadurch wird
der Raum zum Symbol der möglichen Gemein-
schaft der Dinge im Causal-Verhältniſs; indem
alle Dinge, in so fern sie in Einem und demselben Raume
sind, nur scheinen ihre Entfernungen durchlaufen zu müs-
sen, um aufeinander wirken zu können. Aus der einmal
angenommenen Möglichkeit des Wirkens folgt alsdann,
daſs die Dinge, für welche diese Möglichkeit vorausge-
setzt wird, in dem Raume stets irgendwo seyn müssen.
Der Gedanke, daſs ein Ding sich aus diesem Raume
gänzlich verlöre, daſs es nirgends wäre, vernichtet den
Weg, auf welchem herbeykommend, es zu den andern
Dingen hingelangen muſs, auf die es soll wirken können.
So ergiebt sich nun ein vermeintlicher Grund der Noth-
wendigkeit, daſs in dem System der Dinge jedes einen
Ort haben müsse, und daſs, nirgends seyn, soviel heiſse,
als gar nicht seyn. Doch ist sogleich klar, daſs statt
des gar nicht seyn gesetzt werden sollte: für die
übrigen Dinge so gut als nicht vorhanden seyn;
welches letztere, jedoch unter vielen nähern Bestimmun-
gen, auch in der Metaphysik als richtig erkannt wird.
§. 144.
Der Materie, sofern sie den Raum erfüllt, ist analog
das Geschehen in der Zeit; und jeder, im Philosophiren
nicht Ungeübte, wird sich sogleich der ähnlichen Dun-
kelheiten in diesem und jenem erinnern. Daſs aber beyde
Begriffe, sammt ihren Schwierigkeiten, den gleichen psy-
chologischen Ursprung haben, läſst sich erkennen aus
den §§. 112. bis 115.
Zuvörderst müssen wir hier bemerken, daſs die Ne-
gation im Begriffe des Aufhörens, deren Entstehung wir
im §. 115. noch vermiſsten, sich sehr leicht vermittelst
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/387>, abgerufen am 24.11.2024.
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