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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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zur Gattung verhält; obgleich hievon Ausnahmen vorkom-
men, wie das Wiehern des Pferdes, und andre, ganz
eigenthümliche Merkmale.) Ob aber die Zusammen-
setzung gelungen sey, wird geprüft an dem Umfange des
Begriffs, und den darin enthaltenen Beyspielen; die es
verrathen, wenn die Definition zu eng ist; desgleichen
an den Beyspielen, welche zum genus und der Differenz
gehören, aus denen man erkennt, ob die Definition zu
weit ist. Denn ich rede hier nur von solchen Erklärun-
gen, die zum sogenannten analytischen Denken gehören;
nicht von der Definition durch streng wissenschaftliche
Erzeugung eines Begriffs, welches über die Sphäre mei-
ner jetzigen psychologischen Untersuchung hinaus liegt.

Der Punct, auf welchen man hier merken muss, ist
das Entstehen einer neuen Dimension für den Lauf
unserer Vorstellungen. Die ursprüngliche Richtung der-
selben ist die zeitliche, woraus die räumliche sich bildet,
nach §. 112. und 113. Ferner haben wir im §. 139. das
Analogon derselben, die Fortschreitung in den qualitati-
ven Continuen, näher betrachtet; auch war von beydem
schon im §. 100. die Rede. Von derjenigen hingegen,
die wir hier finden, kann man sagen, dass sie die vori-
gen senkrecht durchschneide; sie ist nämlich die der lo-
gischen Unterordnung; jene aber gehören zur Nebenord-
nung. Der Begriff, welchen wir definiren, liegt zwischen
seinen höhern und niedern. Durch doppelte Apperception
und durch die, damit verbundene, Verschmelzung, hat
er sich beyden angeschlossen; und das Denken geht durch
ihn herdurch nach zweyen entgegengesetzten Richtungen;
nur nicht auf einerley Weise. Denn er ist ein Mittel-
begriff
im Sinne des logischen Syllogismus; man kann
schliessen:
Der Adler ist ein Vogel,
Der Vogel ist ein Thier,
also der Adler ein Thier,

aber nicht mit umgekehrter Fortschreitung, das Thier
sey ein Vogel, der Vogel ein Adler, also das Thier ein

A a 2

zur Gattung verhält; obgleich hievon Ausnahmen vorkom-
men, wie das Wiehern des Pferdes, und andre, ganz
eigenthümliche Merkmale.) Ob aber die Zusammen-
setzung gelungen sey, wird geprüft an dem Umfange des
Begriffs, und den darin enthaltenen Beyspielen; die es
verrathen, wenn die Definition zu eng ist; desgleichen
an den Beyspielen, welche zum genus und der Differenz
gehören, aus denen man erkennt, ob die Definition zu
weit ist. Denn ich rede hier nur von solchen Erklärun-
gen, die zum sogenannten analytischen Denken gehören;
nicht von der Definition durch streng wissenschaftliche
Erzeugung eines Begriffs, welches über die Sphäre mei-
ner jetzigen psychologischen Untersuchung hinaus liegt.

Der Punct, auf welchen man hier merken muſs, ist
das Entstehen einer neuen Dimension für den Lauf
unserer Vorstellungen. Die ursprüngliche Richtung der-
selben ist die zeitliche, woraus die räumliche sich bildet,
nach §. 112. und 113. Ferner haben wir im §. 139. das
Analogon derselben, die Fortschreitung in den qualitati-
ven Continuen, näher betrachtet; auch war von beydem
schon im §. 100. die Rede. Von derjenigen hingegen,
die wir hier finden, kann man sagen, daſs sie die vori-
gen senkrecht durchschneide; sie ist nämlich die der lo-
gischen Unterordnung; jene aber gehören zur Nebenord-
nung. Der Begriff, welchen wir definiren, liegt zwischen
seinen höhern und niedern. Durch doppelte Apperception
und durch die, damit verbundene, Verschmelzung, hat
er sich beyden angeschlossen; und das Denken geht durch
ihn herdurch nach zweyen entgegengesetzten Richtungen;
nur nicht auf einerley Weise. Denn er ist ein Mittel-
begriff
im Sinne des logischen Syllogismus; man kann
schlieſsen:
Der Adler ist ein Vogel,
Der Vogel ist ein Thier,
also der Adler ein Thier,

aber nicht mit umgekehrter Fortschreitung, das Thier
sey ein Vogel, der Vogel ein Adler, also das Thier ein

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[371/0406] zur Gattung verhält; obgleich hievon Ausnahmen vorkom- men, wie das Wiehern des Pferdes, und andre, ganz eigenthümliche Merkmale.) Ob aber die Zusammen- setzung gelungen sey, wird geprüft an dem Umfange des Begriffs, und den darin enthaltenen Beyspielen; die es verrathen, wenn die Definition zu eng ist; desgleichen an den Beyspielen, welche zum genus und der Differenz gehören, aus denen man erkennt, ob die Definition zu weit ist. Denn ich rede hier nur von solchen Erklärun- gen, die zum sogenannten analytischen Denken gehören; nicht von der Definition durch streng wissenschaftliche Erzeugung eines Begriffs, welches über die Sphäre mei- ner jetzigen psychologischen Untersuchung hinaus liegt. Der Punct, auf welchen man hier merken muſs, ist das Entstehen einer neuen Dimension für den Lauf unserer Vorstellungen. Die ursprüngliche Richtung der- selben ist die zeitliche, woraus die räumliche sich bildet, nach §. 112. und 113. Ferner haben wir im §. 139. das Analogon derselben, die Fortschreitung in den qualitati- ven Continuen, näher betrachtet; auch war von beydem schon im §. 100. die Rede. Von derjenigen hingegen, die wir hier finden, kann man sagen, daſs sie die vori- gen senkrecht durchschneide; sie ist nämlich die der lo- gischen Unterordnung; jene aber gehören zur Nebenord- nung. Der Begriff, welchen wir definiren, liegt zwischen seinen höhern und niedern. Durch doppelte Apperception und durch die, damit verbundene, Verschmelzung, hat er sich beyden angeschlossen; und das Denken geht durch ihn herdurch nach zweyen entgegengesetzten Richtungen; nur nicht auf einerley Weise. Denn er ist ein Mittel- begriff im Sinne des logischen Syllogismus; man kann schlieſsen: Der Adler ist ein Vogel, Der Vogel ist ein Thier, also der Adler ein Thier, aber nicht mit umgekehrter Fortschreitung, das Thier sey ein Vogel, der Vogel ein Adler, also das Thier ein A a 2

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/406>, abgerufen am 22.11.2024.