Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.nen, anerkannt werden. Vielmehr, was innerlich
empfun- 199. Woher aber die Vorstellung von einer Vor- Der gemeine Verstand ist geneigt zu glauben, die Na- nen, anerkannt werden. Vielmehr, was innerlich
empfun- 199. Woher aber die Vorstellung von einer Vor- Der gemeine Verstand ist geneigt zu glauben, die Na- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0166" n="158"/> nen, anerkannt werden. Vielmehr, was innerlich empfun-<lb/> den war, das wird, wo irgend möglich, auf das Aeußere<lb/> übertragen. Daher bildet sich mit dem Jch zugleich das<lb/> Du; undfast gleichzeitig mit beyden das <hi rendition="#g">Wir</hi>, welches<lb/> der Jdealismus vergaß, und vergessen mußte, wenn er nicht<lb/> aus seinen Träumen geweckt seyn wollte. Denn die Vor-<lb/> stellung des Wir ist ganz offenbar abhängig von den Um-<lb/> ständen; sie erzeugt sich bald in größern, bald in kleinern<lb/> Kreisen; und zwar immer so, daß sie zugleich das Jch in<lb/> sich aufnimmt. Dieser Gegenstand liegt einer analytischen<lb/> Betrachtung weit offener vor Augen, als das geheimnißvolle<lb/> Jch. Wie Platon den Staat als eine Schrift mit groißen<lb/> Buchstaben, lesbar für schwache Augen, zuerst betrachtete,<lb/> um kleinere Schrift bequemer aufzufassen, so hätte man<lb/> auch früher das Wir als das Jch untersuchen sollen, um<lb/> für das schwerere Problem eine nützliche Vorbereitung zu<lb/> gewinnen.</p><lb/> <p>199. Woher aber die Vorstellung <hi rendition="#g">von einer Vor-<lb/> stellung? und von vorstellenden Dingen?</hi> Diese<lb/> Frage muß man zuvörderst einfach genug fassen. <hi rendition="#g">Wie es<lb/> möglich sey</hi>, daß mit dem räumlich-Ausgedehnten und<lb/> dessen übrigen Merkmalen auch ein Vorstellen verknüpft,<lb/> ja mit ihm Ein Ding sey, das überlegt kaum einmal der<lb/> gebildete Mensch, vielweniger der rohe. Aber <hi rendition="#g">daß</hi> es Dinge<lb/> giebt, denen Vorstellungen inwohnen, weiß selbst das Thier.<lb/> Es lernt es, indem es sieht, daß diese Dinge sich nach an-<lb/> dern, auch ohne Berührung, richten.</p><lb/> <p>Der gemeine Verstand ist geneigt zu glauben, die Na-<lb/> del wisse vom Magnet. Auf dieselbe Weise ist Jeder über-<lb/> zeugt, <hi rendition="#aq">A</hi> enthalte in sich die Beschaffenheit von <hi rendition="#aq">B</hi>, wenn<lb/> sich jenes genau bestimmt zeigt durch dieses. Die Beschaf-<lb/> fenheit von <hi rendition="#aq">B</hi>, ohne dessen Realität, ist das <hi rendition="#g">Bild</hi> von <hi rendition="#aq">B</hi>,<lb/> oder, mit einem andern Worte, die Vorstellung desselben.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0166]
nen, anerkannt werden. Vielmehr, was innerlich empfun-
den war, das wird, wo irgend möglich, auf das Aeußere
übertragen. Daher bildet sich mit dem Jch zugleich das
Du; undfast gleichzeitig mit beyden das Wir, welches
der Jdealismus vergaß, und vergessen mußte, wenn er nicht
aus seinen Träumen geweckt seyn wollte. Denn die Vor-
stellung des Wir ist ganz offenbar abhängig von den Um-
ständen; sie erzeugt sich bald in größern, bald in kleinern
Kreisen; und zwar immer so, daß sie zugleich das Jch in
sich aufnimmt. Dieser Gegenstand liegt einer analytischen
Betrachtung weit offener vor Augen, als das geheimnißvolle
Jch. Wie Platon den Staat als eine Schrift mit groißen
Buchstaben, lesbar für schwache Augen, zuerst betrachtete,
um kleinere Schrift bequemer aufzufassen, so hätte man
auch früher das Wir als das Jch untersuchen sollen, um
für das schwerere Problem eine nützliche Vorbereitung zu
gewinnen.
199. Woher aber die Vorstellung von einer Vor-
stellung? und von vorstellenden Dingen? Diese
Frage muß man zuvörderst einfach genug fassen. Wie es
möglich sey, daß mit dem räumlich-Ausgedehnten und
dessen übrigen Merkmalen auch ein Vorstellen verknüpft,
ja mit ihm Ein Ding sey, das überlegt kaum einmal der
gebildete Mensch, vielweniger der rohe. Aber daß es Dinge
giebt, denen Vorstellungen inwohnen, weiß selbst das Thier.
Es lernt es, indem es sieht, daß diese Dinge sich nach an-
dern, auch ohne Berührung, richten.
Der gemeine Verstand ist geneigt zu glauben, die Na-
del wisse vom Magnet. Auf dieselbe Weise ist Jeder über-
zeugt, A enthalte in sich die Beschaffenheit von B, wenn
sich jenes genau bestimmt zeigt durch dieses. Die Beschaf-
fenheit von B, ohne dessen Realität, ist das Bild von B,
oder, mit einem andern Worte, die Vorstellung desselben.
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(2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-05T12:13:38Z)
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