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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

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stellt, die aber von jener sehr schwer zu unterscheiden ist,
richtig zu durchschauen. Hieher gehört Folgendes:

a) Die von einem System zum andern fortlaufende
Affection des Leibes (106) sollte bei vollkommener Ge-
sundheit, wenigstens des reifen männlichen Körpers, entwe-
der gar nicht, oder doch höchst beschränkt vorkommen; so
daß kein Einfluß geistiger Thätigkeit z. B. auf die Ver-
dauung und Blutbewegung, also auch nicht umgekehrt, statt
fände; wie denn in der That die Unerschrockenheit des Krie-
gers mitten in der Gefahr, nicht ohne Grund Kaltblü-
tigkeit
genannt wird.

b) Dagegen liegt in jedem menschlichen Organismus
ein System möglicher Affecten prädisponirt; dergestalt, daß
eine sorgfältige Erziehung das Ausbrechen dieser Affecten
mehr aufschiebt, als beseitigt und in seinen nachtheiligen
Folgen vermeidet. Deshalb kann sie Niemanden die Erfah-
rungen, denen er entgegengeht, weil er sie sich selbst zuzieht,
ganz ersparen.

c) Zu erklären, wie vielfach verschieden der physiolo-
gische Druck (50) aus den Organen und Systemen des
Leibes entspringe, ist den Physiologen anheim zu stellen;
aber was dieser Druck in den geistigen Thätigkeiten ver-
ändern könne, das muß aus der Kenntniß des psychischen
Mechanismus und seiner mannigfaltig möglichen Hemmun-
gen beurtheilt werden. Das Leichteste hievon ist Folgendes:

a) Statt der unmittelbaren Reproduction (26) ent-
steht unter dem Einflüsse jenes Drucks zunächst Verdü-
sterung
, indem die neuen Wahrnehmungen nicht sowohl
den älteren gleichartigen freyen Raum schaffen, als viel-
mehr die schon vorhandenen Vorstellungen, welche sich mit
dem Drucke ins Gleichgewicht gesetzt hatten, in der Gegen-
wirkung schwächen; so daß nun die Wirkung des Druckes
zunimmt, und die älteren Vorstellungen, welche das Neue

stellt, die aber von jener sehr schwer zu unterscheiden ist,
richtig zu durchschauen. Hieher gehört Folgendes:

a) Die von einem System zum andern fortlaufende
Affection des Leibes (106) sollte bei vollkommener Ge-
sundheit, wenigstens des reifen männlichen Körpers, entwe-
der gar nicht, oder doch höchst beschränkt vorkommen; so
daß kein Einfluß geistiger Thätigkeit z. B. auf die Ver-
dauung und Blutbewegung, also auch nicht umgekehrt, statt
fände; wie denn in der That die Unerschrockenheit des Krie-
gers mitten in der Gefahr, nicht ohne Grund Kaltblü-
tigkeit
genannt wird.

b) Dagegen liegt in jedem menschlichen Organismus
ein System möglicher Affecten prädisponirt; dergestalt, daß
eine sorgfältige Erziehung das Ausbrechen dieser Affecten
mehr aufschiebt, als beseitigt und in seinen nachtheiligen
Folgen vermeidet. Deshalb kann sie Niemanden die Erfah-
rungen, denen er entgegengeht, weil er sie sich selbst zuzieht,
ganz ersparen.

c) Zu erklären, wie vielfach verschieden der physiolo-
gische Druck (50) aus den Organen und Systemen des
Leibes entspringe, ist den Physiologen anheim zu stellen;
aber was dieser Druck in den geistigen Thätigkeiten ver-
ändern könne, das muß aus der Kenntniß des psychischen
Mechanismus und seiner mannigfaltig möglichen Hemmun-
gen beurtheilt werden. Das Leichteste hievon ist Folgendes:

α) Statt der unmittelbaren Reproduction (26) ent-
steht unter dem Einflüsse jenes Drucks zunächst Verdü-
sterung
, indem die neuen Wahrnehmungen nicht sowohl
den älteren gleichartigen freyen Raum schaffen, als viel-
mehr die schon vorhandenen Vorstellungen, welche sich mit
dem Drucke ins Gleichgewicht gesetzt hatten, in der Gegen-
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[173/0181] stellt, die aber von jener sehr schwer zu unterscheiden ist, richtig zu durchschauen. Hieher gehört Folgendes: a) Die von einem System zum andern fortlaufende Affection des Leibes (106) sollte bei vollkommener Ge- sundheit, wenigstens des reifen männlichen Körpers, entwe- der gar nicht, oder doch höchst beschränkt vorkommen; so daß kein Einfluß geistiger Thätigkeit z. B. auf die Ver- dauung und Blutbewegung, also auch nicht umgekehrt, statt fände; wie denn in der That die Unerschrockenheit des Krie- gers mitten in der Gefahr, nicht ohne Grund Kaltblü- tigkeit genannt wird. b) Dagegen liegt in jedem menschlichen Organismus ein System möglicher Affecten prädisponirt; dergestalt, daß eine sorgfältige Erziehung das Ausbrechen dieser Affecten mehr aufschiebt, als beseitigt und in seinen nachtheiligen Folgen vermeidet. Deshalb kann sie Niemanden die Erfah- rungen, denen er entgegengeht, weil er sie sich selbst zuzieht, ganz ersparen. c) Zu erklären, wie vielfach verschieden der physiolo- gische Druck (50) aus den Organen und Systemen des Leibes entspringe, ist den Physiologen anheim zu stellen; aber was dieser Druck in den geistigen Thätigkeiten ver- ändern könne, das muß aus der Kenntniß des psychischen Mechanismus und seiner mannigfaltig möglichen Hemmun- gen beurtheilt werden. Das Leichteste hievon ist Folgendes: α) Statt der unmittelbaren Reproduction (26) ent- steht unter dem Einflüsse jenes Drucks zunächst Verdü- sterung, indem die neuen Wahrnehmungen nicht sowohl den älteren gleichartigen freyen Raum schaffen, als viel- mehr die schon vorhandenen Vorstellungen, welche sich mit dem Drucke ins Gleichgewicht gesetzt hatten, in der Gegen- wirkung schwächen; so daß nun die Wirkung des Druckes zunimmt, und die älteren Vorstellungen, welche das Neue

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/181>, abgerufen am 24.11.2024.