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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

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schnitte als ein unmittelbares Naturgesetz der em-
pfindenden Maschine angenommen, das wir wei-
ter nicht erklären wögen!

Und so führen sich alle Schwierigkeiten auf fol-
gende zwo erwiesene deutliche Sätze zurück. 1) Da
alle Sinne nichts als Vorstellungsarten der
Seele sind:
so habe sie nur deutliche Vorstel-
lung:
mithin Merkmal, mit dem Merkmal hat
sie innere Sprache.

2) Da alle Sinne, insonderheit im Zustande
der menschlichen Kindheit nichts als Gefülhsarten
einer Seele
sind: alles Gefühl aber nach einem
Empfindungsgesetz der thierischen Natur unmittel
bar seinen Laut hat;
so werde dies Gefühl nur
zum Deutlichen eines Merkmals erhöht: so ist
das Wort zur äußern Sprache da. Hier kom-
men wir auf eine Menge sonderbarer Betrachtun-
gen, "wie die Weißheit der Natur den Menschen
"durchaus dazu organisirt hat, um sich selbst Sprache
"zu erfinden." Hier ist die Hauptbemerkung.

"Da der Mensch blos durch das Gehör die
"Sprache der lehrenden Natur empfängt, und
"ohne das die Sprache nicht erfinden kann:
so
G 2

ſchnitte als ein unmittelbares Naturgeſetz der em-
pfindenden Maſchine angenommen, das wir wei-
ter nicht erklaͤren woͤgen!

Und ſo fuͤhren ſich alle Schwierigkeiten auf fol-
gende zwo erwieſene deutliche Saͤtze zuruͤck. 1) Da
alle Sinne nichts als Vorſtellungsarten der
Seele ſind:
ſo habe ſie nur deutliche Vorſtel-
lung:
mithin Merkmal, mit dem Merkmal hat
ſie innere Sprache.

2) Da alle Sinne, inſonderheit im Zuſtande
der menſchlichen Kindheit nichts als Gefuͤlhsarten
einer Seele
ſind: alles Gefuͤhl aber nach einem
Empfindungsgeſetz der thieriſchen Natur unmittel
bar ſeinen Laut hat;
ſo werde dies Gefuͤhl nur
zum Deutlichen eines Merkmals erhoͤht: ſo iſt
das Wort zur aͤußern Sprache da. Hier kom-
men wir auf eine Menge ſonderbarer Betrachtun-
gen, „wie die Weißheit der Natur den Menſchen
„durchaus dazu organiſirt hat, um ſich ſelbſt Sprache
„zu erfinden.„ Hier iſt die Hauptbemerkung.

„Da der Menſch blos durch das Gehoͤr die
„Sprache der lehrenden Natur empfaͤngt, und
„ohne das die Sprache nicht erfinden kann:
ſo
G 2
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[99/0105] ſchnitte als ein unmittelbares Naturgeſetz der em- pfindenden Maſchine angenommen, das wir wei- ter nicht erklaͤren woͤgen! Und ſo fuͤhren ſich alle Schwierigkeiten auf fol- gende zwo erwieſene deutliche Saͤtze zuruͤck. 1) Da alle Sinne nichts als Vorſtellungsarten der Seele ſind: ſo habe ſie nur deutliche Vorſtel- lung: mithin Merkmal, mit dem Merkmal hat ſie innere Sprache. 2) Da alle Sinne, inſonderheit im Zuſtande der menſchlichen Kindheit nichts als Gefuͤlhsarten einer Seele ſind: alles Gefuͤhl aber nach einem Empfindungsgeſetz der thieriſchen Natur unmittel bar ſeinen Laut hat; ſo werde dies Gefuͤhl nur zum Deutlichen eines Merkmals erhoͤht: ſo iſt das Wort zur aͤußern Sprache da. Hier kom- men wir auf eine Menge ſonderbarer Betrachtun- gen, „wie die Weißheit der Natur den Menſchen „durchaus dazu organiſirt hat, um ſich ſelbſt Sprache „zu erfinden.„ Hier iſt die Hauptbemerkung. „Da der Menſch blos durch das Gehoͤr die „Sprache der lehrenden Natur empfaͤngt, und „ohne das die Sprache nicht erfinden kann: ſo G 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/105>, abgerufen am 29.11.2024.