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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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mit in der weitern Brust zu edlern Theilen Raum. Selbst
die Nerven, die zu jenen Theilen führen mußten, ließ sie weit
vom Haupt aus niedrigen Stämmen entspringen und ent-
nahm sie mit ihren Muskeln und Fibern großentheils dem
Willen der Seele. Pflanzenartig wird hier der Saft der
Fortpflanzung bereitet und auch die junge Frucht noch als
Pflanze genähret. Pflanzenartig blühet die Kraft dieser
Theile und Triebe zuerst ab, wenn das Herz noch und viel-
leicht rascher schlägt und der Kopf heller denket. Das Wachs-
thum des menschlichen Körpers in seinen Theilen geschieht,
nach Martinets feiner Bemerkung *), minder in den obern
als untern Theilen des Körpers; gleich als ob der Mensch
ein Baum wäre, der unten auf seinem Stamm wüchse.
Kurz, so verschlungen der Bau unseres Körpers ist, so ist of-
fenbar, daß die Theile die blos zur animalischen Nahrung
und Fortpflanzung dienen, auch ihrer Organisation nach mit
nichten die herrschenden Theile der Bestimmung eines
Thiers, geschweige des Menschen werden sollten und werden
konnten.


Und
*) S. Martinets Katechismus der Natur Th. I. S. 316. wo
durch eine Kupfertafel das Wachsthum nach Jahren gezeigt
wird.

mit in der weitern Bruſt zu edlern Theilen Raum. Selbſt
die Nerven, die zu jenen Theilen fuͤhren mußten, ließ ſie weit
vom Haupt aus niedrigen Staͤmmen entſpringen und ent-
nahm ſie mit ihren Muskeln und Fibern großentheils dem
Willen der Seele. Pflanzenartig wird hier der Saft der
Fortpflanzung bereitet und auch die junge Frucht noch als
Pflanze genaͤhret. Pflanzenartig bluͤhet die Kraft dieſer
Theile und Triebe zuerſt ab, wenn das Herz noch und viel-
leicht raſcher ſchlaͤgt und der Kopf heller denket. Das Wachs-
thum des menſchlichen Koͤrpers in ſeinen Theilen geſchieht,
nach Martinets feiner Bemerkung *), minder in den obern
als untern Theilen des Koͤrpers; gleich als ob der Menſch
ein Baum waͤre, der unten auf ſeinem Stamm wuͤchſe.
Kurz, ſo verſchlungen der Bau unſeres Koͤrpers iſt, ſo iſt of-
fenbar, daß die Theile die blos zur animaliſchen Nahrung
und Fortpflanzung dienen, auch ihrer Organiſation nach mit
nichten die herrſchenden Theile der Beſtimmung eines
Thiers, geſchweige des Menſchen werden ſollten und werden
konnten.


Und
*) S. Martinets Katechiſmus der Natur Th. I. S. 316. wo
durch eine Kupfertafel das Wachsthum nach Jahren gezeigt
wird.
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[103/0125] mit in der weitern Bruſt zu edlern Theilen Raum. Selbſt die Nerven, die zu jenen Theilen fuͤhren mußten, ließ ſie weit vom Haupt aus niedrigen Staͤmmen entſpringen und ent- nahm ſie mit ihren Muskeln und Fibern großentheils dem Willen der Seele. Pflanzenartig wird hier der Saft der Fortpflanzung bereitet und auch die junge Frucht noch als Pflanze genaͤhret. Pflanzenartig bluͤhet die Kraft dieſer Theile und Triebe zuerſt ab, wenn das Herz noch und viel- leicht raſcher ſchlaͤgt und der Kopf heller denket. Das Wachs- thum des menſchlichen Koͤrpers in ſeinen Theilen geſchieht, nach Martinets feiner Bemerkung *), minder in den obern als untern Theilen des Koͤrpers; gleich als ob der Menſch ein Baum waͤre, der unten auf ſeinem Stamm wuͤchſe. Kurz, ſo verſchlungen der Bau unſeres Koͤrpers iſt, ſo iſt of- fenbar, daß die Theile die blos zur animaliſchen Nahrung und Fortpflanzung dienen, auch ihrer Organiſation nach mit nichten die herrſchenden Theile der Beſtimmung eines Thiers, geſchweige des Menſchen werden ſollten und werden konnten. Und *) S. Martinets Katechiſmus der Natur Th. I. S. 316. wo durch eine Kupfertafel das Wachsthum nach Jahren gezeigt wird.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/125>, abgerufen am 21.11.2024.