an Wildheit nicht nachgeben. Kurz, an den Mondsbergen, die die weiten Strecken des innern Landes einnehmen, scheint auch hier, wie allenthalben die ursprüngliche Rauhheit die- ses Erdgeschlechts zu wohnen.
Wie alt oder jung die Bewohnung Amerika's seyn möge: so hat sich gerade am Fuß der höchsten Cordilleras der gebildetste Staat dieses Welttheils gefunden, Peru: aber nur am Fuß des Berges, in gemäßigten schönen Thal Qui- to. Längst der Bergstrecke von Chili, bis zu den Patago- nen strecken sich die wilden Völker hinab. Die andern Bergketten und überhaupt das ganze Land im Jnnern ist uns zu wenig bekannt; indeß bekannt gnug, um überall den Satz bestätigt zu finden, daß auf und zwischen den Bergen alte Sitte, originale Wildheit und Freiheit wohne. Die mei- sten dieser Völker sind von den Spaniern noch nicht bezwun- gen und sie mußten ihnen selbst den Namen los bravos ge- ben. Die kalten Gegenden von Nordamerika, so wie die von Asien, sind dem Clima und der Lebensart ihrer Völker nach, für eine weite große Berghöhe zu halten.
So hat also die Natur mit den Bergreihen, die sie zog, wie mit den Strömen, die sie herunter rinnen ließ, gleichsam den rohen aber vesten Grundriß aller Menschengeschichte und
ihrer
F
an Wildheit nicht nachgeben. Kurz, an den Mondsbergen, die die weiten Strecken des innern Landes einnehmen, ſcheint auch hier, wie allenthalben die urſpruͤngliche Rauhheit die- ſes Erdgeſchlechts zu wohnen.
Wie alt oder jung die Bewohnung Amerika's ſeyn moͤge: ſo hat ſich gerade am Fuß der hoͤchſten Cordilleras der gebildetſte Staat dieſes Welttheils gefunden, Peru: aber nur am Fuß des Berges, in gemaͤßigten ſchoͤnen Thal Qui- to. Laͤngſt der Bergſtrecke von Chili, bis zu den Patago- nen ſtrecken ſich die wilden Voͤlker hinab. Die andern Bergketten und uͤberhaupt das ganze Land im Jnnern iſt uns zu wenig bekannt; indeß bekannt gnug, um uͤberall den Satz beſtaͤtigt zu finden, daß auf und zwiſchen den Bergen alte Sitte, originale Wildheit und Freiheit wohne. Die mei- ſten dieſer Voͤlker ſind von den Spaniern noch nicht bezwun- gen und ſie mußten ihnen ſelbſt den Namen los bravos ge- ben. Die kalten Gegenden von Nordamerika, ſo wie die von Aſien, ſind dem Clima und der Lebensart ihrer Voͤlker nach, fuͤr eine weite große Berghoͤhe zu halten.
So hat alſo die Natur mit den Bergreihen, die ſie zog, wie mit den Stroͤmen, die ſie herunter rinnen ließ, gleichſam den rohen aber veſten Grundriß aller Menſchengeſchichte und
ihrer
F
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0063"n="41"/>
an Wildheit nicht nachgeben. Kurz, an den Mondsbergen,<lb/>
die die weiten Strecken des innern Landes einnehmen, ſcheint<lb/>
auch hier, wie allenthalben die urſpruͤngliche Rauhheit die-<lb/>ſes Erdgeſchlechts zu wohnen.</p><lb/><p>Wie alt oder jung die Bewohnung Amerika's ſeyn<lb/>
moͤge: ſo hat ſich gerade am Fuß der hoͤchſten Cordilleras<lb/>
der gebildetſte Staat dieſes Welttheils gefunden, Peru: aber<lb/>
nur am Fuß des Berges, in gemaͤßigten ſchoͤnen Thal Qui-<lb/>
to. Laͤngſt der Bergſtrecke von Chili, bis zu den Patago-<lb/>
nen ſtrecken ſich die wilden Voͤlker hinab. Die andern<lb/>
Bergketten und uͤberhaupt das ganze Land im Jnnern iſt uns<lb/>
zu wenig bekannt; indeß bekannt gnug, um uͤberall den Satz<lb/>
beſtaͤtigt zu finden, daß auf und zwiſchen den Bergen alte<lb/>
Sitte, originale Wildheit und Freiheit wohne. Die mei-<lb/>ſten dieſer Voͤlker ſind von den Spaniern noch nicht bezwun-<lb/>
gen und ſie mußten ihnen ſelbſt den Namen <hirendition="#aq">los bravos</hi> ge-<lb/>
ben. Die kalten Gegenden von Nordamerika, ſo wie die<lb/>
von Aſien, ſind dem Clima und der Lebensart ihrer Voͤlker<lb/>
nach, fuͤr eine weite große Berghoͤhe zu halten.</p><lb/><p>So hat alſo die Natur mit den Bergreihen, die ſie zog,<lb/>
wie mit den Stroͤmen, die ſie herunter rinnen ließ, gleichſam<lb/>
den rohen aber veſten Grundriß aller Menſchengeſchichte und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F</fw><fwplace="bottom"type="catch">ihrer</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[41/0063]
an Wildheit nicht nachgeben. Kurz, an den Mondsbergen,
die die weiten Strecken des innern Landes einnehmen, ſcheint
auch hier, wie allenthalben die urſpruͤngliche Rauhheit die-
ſes Erdgeſchlechts zu wohnen.
Wie alt oder jung die Bewohnung Amerika's ſeyn
moͤge: ſo hat ſich gerade am Fuß der hoͤchſten Cordilleras
der gebildetſte Staat dieſes Welttheils gefunden, Peru: aber
nur am Fuß des Berges, in gemaͤßigten ſchoͤnen Thal Qui-
to. Laͤngſt der Bergſtrecke von Chili, bis zu den Patago-
nen ſtrecken ſich die wilden Voͤlker hinab. Die andern
Bergketten und uͤberhaupt das ganze Land im Jnnern iſt uns
zu wenig bekannt; indeß bekannt gnug, um uͤberall den Satz
beſtaͤtigt zu finden, daß auf und zwiſchen den Bergen alte
Sitte, originale Wildheit und Freiheit wohne. Die mei-
ſten dieſer Voͤlker ſind von den Spaniern noch nicht bezwun-
gen und ſie mußten ihnen ſelbſt den Namen los bravos ge-
ben. Die kalten Gegenden von Nordamerika, ſo wie die
von Aſien, ſind dem Clima und der Lebensart ihrer Voͤlker
nach, fuͤr eine weite große Berghoͤhe zu halten.
So hat alſo die Natur mit den Bergreihen, die ſie zog,
wie mit den Stroͤmen, die ſie herunter rinnen ließ, gleichſam
den rohen aber veſten Grundriß aller Menſchengeſchichte und
ihrer
F
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/63>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.