weder den Kiki noch Pagi, weder den Tapir noch Ai zum nütz- lichen Hausthier umbilden können.
Jn der alten Welt dagegen wie viel sind der bezähmten Thiere! und wie viel sind sie dem thätigen Verstande des Men- schengeschlechts worden! Ohne Kameel und Pferd wäre die Arabische und Afrikanische Wüste unzugangbar; das Schaaf und die Ziege haben der häuslichen Verfassung der Menschen, das Rind und der Esel dem Ackerbau und Handel der Völker aufgeholfen. Jm einfachen Zustande lebte das Menschenge- schöpf freundlich und gesellig mit diesen Thieren: schonend ging es mit ihnen um und erkannte, was es ihnen zu danken habe. So lebt der Araber und Mogole mit seinem Roß, der Hirt mit seinem Schaaf, der Jäger mit seinem Hunde, der Peruaner mit seinem Llacmaa). Bei einer menschlichen Be- handlung gedeihen auch, wie allgemein bekannt ist, alle Hülfs- geschöpfe der menschlichen Lebensweise besser: sie lernen den Menschen verstehn und ihn lieben: es entwickeln sich bei ih- nen Fähigkeiten und Neigungen, von denen weder das wilde noch das von Menschen unterdrückte Thier weiß, das in fei-
ster
a) Man lese z. B. in Ulloa (Nachr. von Amerika Th. 1. S. 131.) die kindische Freude, mit der der Peruaner eine Llacma zu seinem Dienst weihet. Die Lebensarten der andern Völker mit ihren Thie- ren sind aus Reisebeschreibungen gnugsam bekannt.
weder den Kiki noch Pagi, weder den Tapir noch Ai zum nuͤtz- lichen Hausthier umbilden koͤnnen.
Jn der alten Welt dagegen wie viel ſind der bezaͤhmten Thiere! und wie viel ſind ſie dem thaͤtigen Verſtande des Men- ſchengeſchlechts worden! Ohne Kameel und Pferd waͤre die Arabiſche und Afrikaniſche Wuͤſte unzugangbar; das Schaaf und die Ziege haben der haͤuslichen Verfaſſung der Menſchen, das Rind und der Eſel dem Ackerbau und Handel der Voͤlker aufgeholfen. Jm einfachen Zuſtande lebte das Menſchenge- ſchoͤpf freundlich und geſellig mit dieſen Thieren: ſchonend ging es mit ihnen um und erkannte, was es ihnen zu danken habe. So lebt der Araber und Mogole mit ſeinem Roß, der Hirt mit ſeinem Schaaf, der Jaͤger mit ſeinem Hunde, der Peruaner mit ſeinem Llacmaa). Bei einer menſchlichen Be- handlung gedeihen auch, wie allgemein bekannt iſt, alle Huͤlfs- geſchoͤpfe der menſchlichen Lebensweiſe beſſer: ſie lernen den Menſchen verſtehn und ihn lieben: es entwickeln ſich bei ih- nen Faͤhigkeiten und Neigungen, von denen weder das wilde noch das von Menſchen unterdruͤckte Thier weiß, das in fei-
ſter
a) Man leſe z. B. in Ulloa (Nachr. von Amerika Th. 1. S. 131.) die kindiſche Freude, mit der der Peruaner eine Llacma zu ſeinem Dienſt weihet. Die Lebensarten der andern Voͤlker mit ihren Thie- ren ſind aus Reiſebeſchreibungen gnugſam bekannt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0179"n="167"/>
weder den Kiki noch Pagi, weder den Tapir noch Ai zum nuͤtz-<lb/>
lichen Hausthier umbilden koͤnnen.</p><lb/><p>Jn der alten Welt dagegen wie viel ſind der bezaͤhmten<lb/>
Thiere! und wie viel ſind ſie dem thaͤtigen Verſtande des Men-<lb/>ſchengeſchlechts worden! Ohne Kameel und Pferd waͤre die<lb/>
Arabiſche und Afrikaniſche Wuͤſte unzugangbar; das Schaaf<lb/>
und die Ziege haben der haͤuslichen Verfaſſung der Menſchen,<lb/>
das Rind und der Eſel dem Ackerbau und Handel der Voͤlker<lb/>
aufgeholfen. Jm einfachen Zuſtande lebte das Menſchenge-<lb/>ſchoͤpf freundlich und geſellig mit dieſen Thieren: ſchonend<lb/>
ging es mit ihnen um und erkannte, was es ihnen zu danken<lb/>
habe. So lebt der Araber und Mogole mit ſeinem Roß, der<lb/>
Hirt mit ſeinem Schaaf, der Jaͤger mit ſeinem Hunde, der<lb/>
Peruaner mit ſeinem Llacma<noteplace="foot"n="a)">Man leſe z. B. in <hirendition="#fr">Ulloa</hi> (Nachr. von Amerika Th. 1. S. 131.)<lb/>
die kindiſche Freude, mit der der Peruaner eine Llacma zu ſeinem<lb/>
Dienſt weihet. Die Lebensarten der andern Voͤlker mit ihren Thie-<lb/>
ren ſind aus Reiſebeſchreibungen gnugſam bekannt.</note>. Bei einer menſchlichen Be-<lb/>
handlung gedeihen auch, wie allgemein bekannt iſt, alle Huͤlfs-<lb/>
geſchoͤpfe der menſchlichen Lebensweiſe beſſer: ſie lernen den<lb/>
Menſchen verſtehn und ihn lieben: es entwickeln ſich bei ih-<lb/>
nen Faͤhigkeiten und Neigungen, von denen weder das wilde<lb/>
noch das von Menſchen unterdruͤckte Thier weiß, das in fei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſter</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[167/0179]
weder den Kiki noch Pagi, weder den Tapir noch Ai zum nuͤtz-
lichen Hausthier umbilden koͤnnen.
Jn der alten Welt dagegen wie viel ſind der bezaͤhmten
Thiere! und wie viel ſind ſie dem thaͤtigen Verſtande des Men-
ſchengeſchlechts worden! Ohne Kameel und Pferd waͤre die
Arabiſche und Afrikaniſche Wuͤſte unzugangbar; das Schaaf
und die Ziege haben der haͤuslichen Verfaſſung der Menſchen,
das Rind und der Eſel dem Ackerbau und Handel der Voͤlker
aufgeholfen. Jm einfachen Zuſtande lebte das Menſchenge-
ſchoͤpf freundlich und geſellig mit dieſen Thieren: ſchonend
ging es mit ihnen um und erkannte, was es ihnen zu danken
habe. So lebt der Araber und Mogole mit ſeinem Roß, der
Hirt mit ſeinem Schaaf, der Jaͤger mit ſeinem Hunde, der
Peruaner mit ſeinem Llacma a). Bei einer menſchlichen Be-
handlung gedeihen auch, wie allgemein bekannt iſt, alle Huͤlfs-
geſchoͤpfe der menſchlichen Lebensweiſe beſſer: ſie lernen den
Menſchen verſtehn und ihn lieben: es entwickeln ſich bei ih-
nen Faͤhigkeiten und Neigungen, von denen weder das wilde
noch das von Menſchen unterdruͤckte Thier weiß, das in fei-
ſter
a) Man leſe z. B. in Ulloa (Nachr. von Amerika Th. 1. S. 131.)
die kindiſche Freude, mit der der Peruaner eine Llacma zu ſeinem
Dienſt weihet. Die Lebensarten der andern Voͤlker mit ihren Thie-
ren ſind aus Reiſebeſchreibungen gnugſam bekannt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/179>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.