Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

wahrscheinlich einem großen Theil nach noch mit Wasser oder
mit Wald und Morästen bedeckt gewesen, als das höhere
Asien schon cultivirt war, ist sogar aus der Geschichte erweis-
lich. Das innere Afrika kennen wir zwar noch wenig: die
Höhe und Gestalt seines mittleren Bergrückens insonderheit
ist uns ganz fremde; indessen wird aus mehreren Gründen
wahrscheinlich, daß dieser Wasserarme und große Strecken hin-
ein niedrige Welttheil mit seinem Erdrücken schwerlich an die
Höhe und Breite Asiens reiche. Auch Er ist also vielleicht län-
ger bedeckt gewesen und obwohl der warme Erdgürtel sowohl
der Pflanzen- als Thierschöpfung daselbst ein eignes kräftiges
Gepräge nicht versagte: so scheinet es doch daß Afrika und
Europa nur wie Kinder sind, an den Schoos der Mutter, Asien,
gelehnet. Die meisten Thiere haben diese drei Welttheile ge-
mein und sind im Ganzen nur Ein Welttheil.

Amerika endlich; sowohl der Strich seiner steilen, unbe-
wohnbar-hohen Gebürge, als deren noch tobende Vulkane und
ihnen zu Füßen das niedrige, in grossen Strecken Meerflache
Land, sammt der lebendigen Schöpfung desselben, die sich vor-
züglich in der Vegetation, den Amphibien, Jnsekten, Vögeln
und dagegen in weniger Gattungen vollkommner und so leb-
hafter Landthiere freuet, als in denen sich die alte Welt fühlet;
alle diese Gründe, zu denen die junge und rohe Verfassung sei-

ner
O o 2

wahrſcheinlich einem großen Theil nach noch mit Waſſer oder
mit Wald und Moraͤſten bedeckt geweſen, als das hoͤhere
Aſien ſchon cultivirt war, iſt ſogar aus der Geſchichte erweis-
lich. Das innere Afrika kennen wir zwar noch wenig: die
Hoͤhe und Geſtalt ſeines mittleren Bergruͤckens inſonderheit
iſt uns ganz fremde; indeſſen wird aus mehreren Gruͤnden
wahrſcheinlich, daß dieſer Waſſerarme und große Strecken hin-
ein niedrige Welttheil mit ſeinem Erdruͤcken ſchwerlich an die
Hoͤhe und Breite Aſiens reiche. Auch Er iſt alſo vielleicht laͤn-
ger bedeckt geweſen und obwohl der warme Erdguͤrtel ſowohl
der Pflanzen- als Thierſchoͤpfung daſelbſt ein eignes kraͤftiges
Gepraͤge nicht verſagte: ſo ſcheinet es doch daß Afrika und
Europa nur wie Kinder ſind, an den Schoos der Mutter, Aſien,
gelehnet. Die meiſten Thiere haben dieſe drei Welttheile ge-
mein und ſind im Ganzen nur Ein Welttheil.

Amerika endlich; ſowohl der Strich ſeiner ſteilen, unbe-
wohnbar-hohen Gebuͤrge, als deren noch tobende Vulkane und
ihnen zu Fuͤßen das niedrige, in groſſen Strecken Meerflache
Land, ſammt der lebendigen Schoͤpfung deſſelben, die ſich vor-
zuͤglich in der Vegetation, den Amphibien, Jnſekten, Voͤgeln
und dagegen in weniger Gattungen vollkommner und ſo leb-
hafter Landthiere freuet, als in denen ſich die alte Welt fuͤhlet;
alle dieſe Gruͤnde, zu denen die junge und rohe Verfaſſung ſei-

ner
O o 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0303" n="291"/>
wahr&#x017F;cheinlich einem großen Theil nach noch mit Wa&#x017F;&#x017F;er oder<lb/>
mit Wald und Mora&#x0364;&#x017F;ten bedeckt gewe&#x017F;en, als das ho&#x0364;here<lb/>
A&#x017F;ien &#x017F;chon cultivirt war, i&#x017F;t &#x017F;ogar aus der Ge&#x017F;chichte erweis-<lb/>
lich. Das innere Afrika kennen wir zwar noch wenig: die<lb/>
Ho&#x0364;he und Ge&#x017F;talt &#x017F;eines mittleren Bergru&#x0364;ckens in&#x017F;onderheit<lb/>
i&#x017F;t uns ganz fremde; inde&#x017F;&#x017F;en wird aus mehreren Gru&#x0364;nden<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich, daß die&#x017F;er Wa&#x017F;&#x017F;erarme und große Strecken hin-<lb/>
ein niedrige Welttheil mit &#x017F;einem Erdru&#x0364;cken &#x017F;chwerlich an die<lb/>
Ho&#x0364;he und Breite A&#x017F;iens reiche. Auch Er i&#x017F;t al&#x017F;o vielleicht la&#x0364;n-<lb/>
ger bedeckt gewe&#x017F;en und obwohl der warme Erdgu&#x0364;rtel &#x017F;owohl<lb/>
der Pflanzen- als Thier&#x017F;cho&#x0364;pfung da&#x017F;elb&#x017F;t ein eignes kra&#x0364;ftiges<lb/>
Gepra&#x0364;ge nicht ver&#x017F;agte: &#x017F;o &#x017F;cheinet es doch daß Afrika und<lb/>
Europa nur wie Kinder &#x017F;ind, an den Schoos der Mutter, A&#x017F;ien,<lb/>
gelehnet. Die mei&#x017F;ten Thiere haben die&#x017F;e drei Welttheile ge-<lb/>
mein und &#x017F;ind im Ganzen nur Ein Welttheil.</p><lb/>
          <p>Amerika endlich; &#x017F;owohl der Strich &#x017F;einer &#x017F;teilen, unbe-<lb/>
wohnbar-hohen Gebu&#x0364;rge, als deren noch tobende Vulkane und<lb/>
ihnen zu Fu&#x0364;ßen das niedrige, in gro&#x017F;&#x017F;en Strecken Meerflache<lb/>
Land, &#x017F;ammt der lebendigen Scho&#x0364;pfung de&#x017F;&#x017F;elben, die &#x017F;ich vor-<lb/>
zu&#x0364;glich in der Vegetation, den Amphibien, Jn&#x017F;ekten, Vo&#x0364;geln<lb/>
und dagegen in weniger Gattungen vollkommner und &#x017F;o leb-<lb/>
hafter Landthiere freuet, als in denen &#x017F;ich die alte Welt fu&#x0364;hlet;<lb/>
alle die&#x017F;e Gru&#x0364;nde, zu denen die junge und rohe Verfa&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O o 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0303] wahrſcheinlich einem großen Theil nach noch mit Waſſer oder mit Wald und Moraͤſten bedeckt geweſen, als das hoͤhere Aſien ſchon cultivirt war, iſt ſogar aus der Geſchichte erweis- lich. Das innere Afrika kennen wir zwar noch wenig: die Hoͤhe und Geſtalt ſeines mittleren Bergruͤckens inſonderheit iſt uns ganz fremde; indeſſen wird aus mehreren Gruͤnden wahrſcheinlich, daß dieſer Waſſerarme und große Strecken hin- ein niedrige Welttheil mit ſeinem Erdruͤcken ſchwerlich an die Hoͤhe und Breite Aſiens reiche. Auch Er iſt alſo vielleicht laͤn- ger bedeckt geweſen und obwohl der warme Erdguͤrtel ſowohl der Pflanzen- als Thierſchoͤpfung daſelbſt ein eignes kraͤftiges Gepraͤge nicht verſagte: ſo ſcheinet es doch daß Afrika und Europa nur wie Kinder ſind, an den Schoos der Mutter, Aſien, gelehnet. Die meiſten Thiere haben dieſe drei Welttheile ge- mein und ſind im Ganzen nur Ein Welttheil. Amerika endlich; ſowohl der Strich ſeiner ſteilen, unbe- wohnbar-hohen Gebuͤrge, als deren noch tobende Vulkane und ihnen zu Fuͤßen das niedrige, in groſſen Strecken Meerflache Land, ſammt der lebendigen Schoͤpfung deſſelben, die ſich vor- zuͤglich in der Vegetation, den Amphibien, Jnſekten, Voͤgeln und dagegen in weniger Gattungen vollkommner und ſo leb- hafter Landthiere freuet, als in denen ſich die alte Welt fuͤhlet; alle dieſe Gruͤnde, zu denen die junge und rohe Verfaſſung ſei- ner O o 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/303
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/303>, abgerufen am 22.12.2024.